Alle sind immer zu Hause: Eine Herausforderung fürs Zusammenleben
Arbeit und Einkauf erledigen wir von zu Hause aus. Statt im Fitnessstudio machen wir Kraft- und Dehnübungen vor dem Fernsehen. Der Sohn und die Tochter sind ebenfalls zu Hause und besuchen Berufsfachschule und Universität im Fernunterricht. Alle sind immer zu Hause. Das hat Vor- aber auch viele Nachteile. Das friedliche Zusammenleben in Familie, wie in der Nachbarschaft fordert unter diesen Umständen sehr viel Toleranz.
Beschränkt auf die eigenen vier Wände, wird Vielen von uns ein Einstellungswechsel abverlangt, mit welchem niemand gerechnet hat. Einerseits kehrt durch die Absage vieler Termine eine willkommene Ruhe ein. Andererseits nimmt die Belastung in den eigenen vier Wänden zu. Viele Menschen verbringen gezwungenermassen plötzlich viel mehr Zeit zusammen in der eigenen Wohnung. Leidtragende sind vor allem jene, welche in kleinen und dazu vielleicht noch schlecht gebauten Einheiten wohnen. Die verschiedenen Aufgaben und Aktivitäten von im selben Haus lebenden Personen können zu grossen Zielkonflikten, zu Stress und Unstimmigkeiten führen. Im Mehrfamilienhaus sind Konflikte vorprogrammiert.
Beispiele dafür sind: Die ballspielenden Kinder und die Bauarbeiten in der Nebenwohnung sind während des virtuellen Sitzungsmarathons unglaublich störend. Dass der Nachbar mehrfach wöchentlich zu Hause Kundschaft empfängt und die Teenies nebenan offensichtich eine kleine Party veranstalten‒ während man selbst, um eine Ansteckung zu vermeiden, kaum aus dem Haus geht ‒ nervt. Der Wohnungswechsel der Nachbarin und all die Besichtigungen sind eine einzige Zumutung. Für die junge Familie im 2. Stock wiederum ist es schwierig den Kindern zu vermitteln, dass sie nun plötzlich nicht nur am frühen Morgen, sondern den ganzen Tag aufs Bobbycar fahren im Korridor verzichten müssen. Alle erleben momentan solche und ähnliche Situationen aus unterschiedlicher Perspektive. Dabei fehlt beim gegenseitigen Umgang zunehmend die Leichtigkeit und so bahnen sich unterschiedlichste Konflikte an.
Die momentanen Einschränkungen machen uns dünnhäutiger. Umso wichtiger ist es, sich des momentanen Dichtestress’ und der unbefriedigten Bedürfnisse aller bewusst zu werden. Die aktuelle Ausnahmesituation verlangt von allen viel Toleranz. Dieses Bewusstsein und somit Verständnis für die herausfordernde Situation, in der wir alle unverschuldet stecken, hilft einander allen Schwierigkeiten zum Trotz respektvoll zu begegnen. Wichtig ist auch, die eigene Wahrnehmung zu schärfen und schwierige Situationen anzusprechen, bevor die Emotionen hochgehen. Wenn dabei auch der Situation des Gegenübers Verständnis entgegengebracht und auf Vorwürfe verzichtet wird, kann diese viele sich anbahnende Konflikte entschärfen und ermöglicht konstruktive Lösungen und Kompromisse zu finden. Wichtig ist das eigene Empfinden mitzuteilen und Probleme aus der eigenen Sichtweise ohne Anklage anzusprechen.
Nicht immer gelingt es einen Konflikt ohne Unterstützung zu verhindern oder zu lösen. Casafair unterstützt Sie bei Bedarf mit Fachpersonen und vermittelt professionelle Mediator*innen.
Der Autor
© Eliane Clerc/7pictures
Michel Wyss
Immobilienbewirtschafter mit eidg. Fachausweis, Wyss Liegenschaften GmbH
Serie Homeoffice
Wenn das Zuhause plötzlich zum Büro wird, bringt das für die betroffenen Angestellten und manchmal auch für die Nachbarschaft und die Vermieter*innen viele Herausforderungen mit sich. In einer kleinen Ratgeber-Serie beleuchtet Casafair verschiedene Aspekte und gibt praktische Tipps.
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