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Schwammstadt gegen Hitze

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  Do, 15.09.2022

Hitzewellen, wie sie in Europa im Sommer 2022 überall für Rekordwerte gesorgt haben, werden bald die neue Normalität. Besonders betroffen sind die Städte. Klar ist auch: Geeignete Klimaschutzmassnahmen können die Erhitzung wirksam vermindern.

Klimaanpassung

Wie Bauherrinnen und Städteplaner sich vorbereiten können, erklärt Kristijan Moser, Gebäudetechnikplaner und Casafair – Berater für Klimaanpassung, im Interview mit «casanostra».

Kristijan Moser, wie funktioniert der HitzeinselEffekt eigentlich genau ?

Es wird mittlerweile nicht mehr bestritten, dass sich das Klima verändert – überall wird es wärmer, auch auf dem Land. 2019 lebten 85 % der Bevölkerung der Schweiz in Städten. Ich kenn kaum Dörfer, die einen Dorfkern haben, der nicht versiegelt ist und in dem kein städtisches Klima herrscht.

In den Städten ist massenhaft Material verbaut , das als Wärmespeicher arbeitet: Jedes Gebäude, alle Infrastruktur, Strassen, Bahnstationen und andere versiegelte Flächen geben Wärme ab und verändern die Luftzirkulation. Auch der natürliche Wasserkreislauf wird verändert.

Im Gegensatz dazu gibt es in ländlichen Regionen kaum Speichermasse und viel mehr Vegetation. Dort befindet sich das Wasser direkt im Boden und kann frei verdunsten, dies entzieht der Umgebung Wärme. Ausserdem erlauben offene Flächen Luftzirkulation. All das fehlt in der Stadt. Hitzeminderung bedingt eigentlich eine Renaturierung der Städte.

Gibt es auch auf kleinerem Masstab – einzelne Gebäude oder Häuserblocks – Handlungsoptionen ?

Luftkorridore haben bereits einen grossen Kühleffekt, diese gilt es zu erhalten. Als nächstes ermöglichen grosse Freiflächen, dass nächtliche Kaltluft aus höheren Lagen absinken kann. Drittens müssen wir das Grün in der Stadt schützen. Ein normaler Stadtbaum kühlt gleich stark wie 10 Klimaanlagen – und hier sprechen wir von kleinen, jungen Bäumen. Ein alter Baum bringt ein Vielfaches dieser Kühlleistung. Und viertens müssen wir aufhören, Böden zu versiegeln. Versiegelte Flächen sind Speichermasse und behindern Versickern und Verdunsten. Ausserhalb des urbanen Gebiets sollen wir nicht dem Vorbild Stadt nacheifern, sondern anders denken. Wir haben heute die Chance, diese ungute Entwicklung noch zu verhindern,

Im kleinen Massstab sind die Lösungen schon da. Wir brauchen bloss an einem heissen Tag zu schauen, wo sich die Menschen gerne aufhalten. Hat da jemand unter dem schönen Baum ein Bänkli hingestellt ? Dort, wo Menschen sich zu Hause fühlen und sich gerne aufhalten, ist schone vieles umgesetzt.

Gleichzeitig mit den rekordhohen Temperaturen haben wir diesen Sommer auch starke Niederschläge erlebt. Können hier zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden ?

Auf jeden Fall. Es braucht aber Mut. Mit dem Regen ist es so : die Niederschlagssumme ist über die Zeit etwa gleich geblieben, aber die Verteilung verändert sich. Es regnet heute seltener, und wenn es regnet, dann heftiger. Abhilfe bietet die Schwammstadt : In dieser wird das Regenwasser nicht mehr in die Kanalisation abgeleitet, sondern genutzt für die Bewässerung der Pflanzen. Und das Wasser wird an der Oberfläche gesammelt. Wenn über offene Wasserfläche ein Luftzug weht, kühlt das spürbar. Dafür ist aber ein komplett neuer Umgang mit Regenwasser nötig. Ich nehme das Beispiel eines Mehrfamilienhauses mit einer grossen begrünten Freifläche in Hinterhof : Dort kann Wäsche an den Leinen aufgehängt werden. Der Wäschetrockenbereich wird bei Regen nicht gebraucht, und diese unversiegelte Fläche kann ohne grosse Einschränkungen zur Langsamversickerung und Verdunstung des Dachwassers genutzt werden.

Aus «casanostra» 167

Der Autor

Nadim Chammas
Redaktor «casanostra»

Kostenlose Beratung für Hitze- Liegenschaften

Das Thema Hitzeanpassung wird Hauseigentümer*innen auch in den kommenden Jahren weiter beschäftigen. » Moser’s Büro» aus dem Casafair-Beratungsnetzwerk bietet fünf Casafair-Mitgliedern eine kostenlose Erstberatung zu möglichen Hitzeminderungs-Massnahmen an. Die ausgewählten Objekte werden zu einem späteren Zeitpunkt im «casanostra» publiziert. Detaillierte Informationen zum Projekt und die nötigen Kontaktangaben finden Sie auf casafair.ch/hitzeanpassung.

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