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Atmospheric Clouds

Positionspapier zum CO2-Gesetz

Casafair begrüsst und unterstützt das neue CO2-Gesetz. Für uns geht dies in die richtige Richtung und ist ein erster grösserer Schritt zur Energiewende und zum Ziel Netto-Null CO2 bis 2050. Die Energiestrategie 2050, respektive die Revision des Energiegesetzes wurde auch dank Unterstützung durch Casafair von der Schweizer Stimmbevölkerung im Jahr 2017 mit einer komfortablen Mehrheit angenommen. In der Zwischenzeit gibt es höhere Ziele und Bestrebungen, die Treibhausgas-Emissionen auf Netto-Null Kohlendioxid zu reduzieren.

Heute beansprucht der Gebäudebereich in der Schweiz, zum Heizen, Kühlen und Betreiben, aber auch für die Erstellung der Gebäude (sogenannte Graue Energie) gut 45% des Primärenergieverbrauchs. Dies verursacht gut einen Viertel der gesamten CO2-Emissionen der Schweiz. Deshalb können die Klimaziele nur mit markanten Veränderungen erreicht werden, unter anderem im Gebäudebereich. Dazu braucht es sowohl «Fördern» als auch «Fordern»: Anreize und Förderungen wie auch Grenzwerte und Abgaben. Mit dem vorliegenden Gesetz alleine wird das Klima nicht gerettet und wir erachten das Glas nur als halb voll. Es wird zukünftig noch weitere Anstrengungen brauchen.

Ersatz fossiler Heizsysteme
Aus Sicht von Casafair ist das Herzstück im CO2-Gesetz der vorgesehene Mechanismus von Gebäude-Grenzwerten bezüglich ihrer CO2-Bilanz. Je nach Kanton, respektive je nach Einführung neuer Energiegesetze gilt ab spätestens 2026 für Gebäude ein Grenzwert von 20 kg/m2 (entspricht ca. 7 Liter Heizöl pro Quadratmeter) welcher in weiteren Schritten reduziert wird.

Dies betrifft primär den Heizungsersatz von fossilen Heizungen (Öl- und Gas-Heizungen). Hierzu stehen diverse Möglichkeiten zur Verfügung: Wärmepumpen sind die zeitgemässe Heizung, ob mit Aussenluft, Erdsonden oder Grundwasser betrieben. Auch Holz-Heizungen werden mit erneuerbarem lokalem Rohstoff betrieben, an vielen Orten steht auch Fernwärme aus erneuerbaren Quellen zur Verfügung. Was bei jedem einzelnen Objekt machbar und die passende Lösung ist, muss Objekt-spezifisch eruiert und geprüft werden.

Wichtig zu wissen, diese Grenzwerte gelten nicht automatisch für alle bestehenden Gebäude, sondern erst am Tag X, wenn ein Heizungsersatz umgesetzt wird. Es muss also niemand aufgrund des CO2-Gesetzes eine noch funktionsfähige Heizung ersetzen oder umrüsten. Aber bei einer theoretischen Lebensdauer von 20 Jahren für ein Heizsystem, wird dieser Punkt in den kommenden Jahren eintreffen. Eine vorausschauende Planung des Heizungsersatz ist also ganz im Interesse der Hauseigentümer*innen.

In den meisten Fällen bedeutet die Umrüstung auf eine erneuerbare Heizung eine höhere Investition gegenüber einem 1:1-Ersatz der Heizung. Dem stehen aber im Allgemeinen tiefere Energie- und Betriebskosten gegenüber, was sich über den Lebenszyklus in den meisten Fällen auch finanziell auszahlt. Auch die Abhängigkeit von steigenden Energiepreisen und CO2-Abgaben wird reduziert.

Nicht alle Hauseigentümer*innen können sich solche zusätzlichen Investitionen automatisch leisten, insbesondere im Pensionsalter wird auch die Banken-Finanzierung schwieriger. Zum Thema Härtefälle für nicht liquide oder vermögende Hauseigentümer*innen fordert Casafair im Rahmen der Umsetzung, resp. bei der Verordnung passende Lösungen. Z.B. Erleichterungen oder Förderbeiträge, finanziert aus dem Klimafonds.

Abgaben und Förderungen
Um den Prozess zur Energiewende zu forcieren und Hauseigentümer*innen zu motivieren, ist der Förder-Mechanismus weiter auszubauen. Dies beinhaltet einerseits als Lenkungsabgabe die CO2-Abgabe, resp. Erhöhung dieser zugunsten dem neu geschaffenen Klimafonds. Es ist davon auszugehen, dass der im Gesetz maximale Satz von 210.-/Tonne CO2 (entspricht ca. 55 Rp./Liter Heizöl gegenüber heute 25 Rp./Liter) nicht sofort erhoben wird, sondern schrittweise erhöht wird.

Wichtig ist für Casafair, dass ein Drittel dieser Beiträge weiterhin für Gebäudesanierungen an die Hauseigentümer*innen in Form von Förderbeiträgen ausbezahlt werden. Die übrigen Beiträge werden im Sinne einer Lenkungsabgabe weiterhin an alle Einwohner*innen und Firmen gemäss AHV-Lohnsumme ausgeschüttet. Casafair unterstützt diesen Mechanismus von Belastung des CO2-Ausstosses von fossilen Energieträgern durch steigende Abgaben. Wichtig sind aber die Ausschüttungen an die Bevölkerung, respektive die Belohnung von CO2-armen Haushalten und Firmen. Genauso wichtig sind weiterhin finanzielle Motivations-Spritzen als Förderbeiträge für aktive Hauseigentümer*innen. Naheliegend ist, dass dieser Mechanismus mit langsam steigenden CO2-Abgaben weiter ausgebaut wird. Dies erhöht die Wirtschaftlichkeit der energetischen Massnahmen, resp. Heizungs-Alternativen und motiviert Hauseigentümer*innen, einen erneuerbaren Heizungsersatz bald anzupacken.

Mit der energetischen Sanierung werden nicht nur die Klima-, resp. Energiebilanz verbessert, sondern auch der Komfort gesteigert und die Betriebskosten reduziert.

Stockwerkeigentümergemeinschaft
Ein Knackpunkt auf dem Weg zu energetischen Sanierungen ist die Konstellation einer Stockwerkeigentümergemeinschaft. Im Allgemeinen genügt es, wenn eine Partei die geplante Sanierung, resp. neue Heizung blockiert, weil sie diese nicht finanzieren will oder kann. Hier braucht es spezifische finanzielle Anreize oder Finanzierungs-Instrumente, z.B. ein Contracting. Dabei soll die energetische Massnahme, z.B. eine Erdsonden-Wärmepumpe von einem Contractor finanziert und über den laufenden Betrieb amortisiert werden. Dies kann durch externe Firmen, Werke oder auch die Miteigentümer*innen erfolgen. Hier braucht es noch etwas Phantasie auf dem Finanzierungsmarkt.

Alternativ soll auch geprüft werden, ob für energetische Sanierungen resp. Heizungsersatz keine Einstimmigkeit mehr nötig sein darf, sondern ein qualifiziertes Mehr der Eigentümer*innen. Dies könnte ein markantes Hemmnis abbauen und bessere Lösungen ermöglichen.

Um dieser Situation vorzubeugen lohnt es sich, in den kommenden Jahren den Erneuerungsfonds bestmöglich zu äufnen, um beim Heizungsersatz eine gute Vorfinanzierung auf der Seite zu haben.

Auswirkungen auf Mieten
Energetische Sanierungen inkl. Heizungsersatz sind nicht gratis zu haben, es sind Investitionen dazu nötig. Bei selbst bewohntem Hauseigentum profitieren die Eigentümer*innen selber direkt von den Investitionen in Form von tieferen Betriebskosten, primär Energiekosten, aber auch von erhöhtem Komfort und reduziertem Bauschaden-Risiko. Unter dem Strich sind solche Investitionen über den Lebenszyklus in etwa wirtschaftlich, d.h. die Mehr-Investitionen können im Laufe der Jahre über tiefere Energiekosten amortisiert werden.

Bei Mietliegenschaften ist die Situation etwas komplexer, weil die Mietenden die Nebenkosten bezahlen. Der Mehrwert einer energetischen Sanierung oder einer erneuerbaren Heizung kann jedoch auf die Netto-Mieten aufgeschlagen werden. Dies betrifft jeweils die Mehr-Investition gegenüber einer ohnehin nötigen Sanierung, z.B. die zusätzliche Wärmedämmung einer Fassade im Vergleich zu einer Pinselsanierung, aber auch die Mehrkosten einer Wärmepumpe gegenüber einem 1:1-Ersatz mit einer fossilen Heizung. Für eine 4-Zimmer-Wohnung in einem durchschnittlichen MFH kann die Energiekosten-Rechnung um ca. 50.-/Monat reduziert werden. Um diesen Wert kann im Gegenzug die Mehr-Investitionen auf die Mieten abgewälzt werden. Unter dem Strich bleibt die sogenannt «warme Miete», d.h. Miete plus Nebenkosten in etwa gleich. Also eine Win-Win-Win-Situation, für Vermieter*innen, Mieter*innen und Umwelt.

Politik
Das vorliegende CO2-Gesetz regelt die Massnahmen bis zum Jahr 2030. Diese Massnahmen reichen aber noch nicht, um bis 2050 wirklich in Richtung Netto-Null CO2 zu kommen, dazu sind zeitnah weitere Massnahmen zu planen und in den politischen Prozess einzubringen. Casafair ist überzeugt, dass das aktuelle Gesetz eine wichtige Grundlage legt für die nächsten Schritte. Auch die weiteren Vorgaben bezüglich Grenzwerte bei Fahrzeugen oder der Flugticketabgabe werden von Casafair unterstützt.

Es wäre sehr fahrlässig, das vorliegende Gesetz darum abzulehnen, weil es für die Pariser Klimaziele noch zu wenig weit geht. Bei einer Abstimmungs-Ablehnung besteht ein reelles Risiko, dass kein oder ein noch schwächeres CO2-Gesetz resultieren würde und alle Bestrebungen um Jahre zurück geworfen würden, statt jetzt einen ersten Schritt in die richtige Richtung vorwärts zu kommen und damit ein wichtiges Signal auszusenden.

Darum ein überzeugtes JA zum aktuell vorliegenden CO2-Gesetz.

Vom Zentralvorstand am 1. Dezember 2020 verabschiedet.

Der Autor

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Andreas Edelmann

Energieberater, Architekt FH
Co-Präsident Casafair Zürich

Weitere Informationen:

Medienmitteilung zur Referendumgsergreifung



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