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Mauer- und Alpensegler: Zum Fliegen geboren

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  Mi, 05.04.2023

Viele Tierarten lieben Felsen, welche sich tagsüber in der Sonne aufwärmen, die Wärme abends noch etwas halten und gleichzeitig geschützte Winkel und raue Oberflächen bieten. Dem entsprechen Gebäudefassaden, am liebsten mit rauem Verputz, mit Ecken und Winkel, die mal schattiger, mal sonniger sind.

Kleine Tiere wie Spinnen oder Insekten können an geeigneten Fassaden, je nach Temperatur, schnell den Platz wechseln, grössere, wie Eidechsen oder Vögel, finden neben Schutz und Wärme auch noch Nahrung, und Vögel manchmal sogar geeignete Brutplätze. Einige Vogelarten haben sich auf den Siedlungsraum und unsere Bauwerke sogar soweit spezialisiert, dass sie fast nur noch hier nach geeigneten Brutplätzen suchen. Zum Beispiel Alpen- und Mauersegler. Sie nisten an unseren Gebäuden und ziehen hier ihre Jungen auf. Herbst und Winter verbringen sie in Afrika und jeden Frühling kehren sie zu uns zurück. Punktgenau finden sie wieder dasselbe Haus, dieselbe Lücke oder denselben Spalt, in welchem sie schon letztes Jahr gebrütet haben. Hier bringen sie ihr altes Nest wieder in Ordnung und ziehen darin die nächste Brut auf. Voraussetzung ist allerdings, dass der Brutplatz noch vorhanden und zugänglich ist. Denn ihre Nistplätze sind gefährdet, sobald Arbeiten (Renovationen, Sanierungen) an der Gebäudehülle stattfinden.

In der Schweiz heimisch

Mauersegler leben in der Schweiz in vielen Dörfern und Städten. Der am höchsten gelegene bekannte Brutplatz liegt auf circa 2400 Metern über Meer. Alpensegler sind bedeutend seltener. Sie sind vor allem in Städten an hohen Gebäuden zu beobachten, zum Beispiel unter den Zifferblättern von Kirchen oder im Dach des St.Galler Doms und im Sitterviadukt bei St.Gallen. Es sind aber auch noch ein paar wenige Alpenseglerkolonien an Felsen im Jura und im Wallis bekannt. Mauer- und Alpensegler stehen, trotz stellenweise häufigem Vorkommen, auf der Liste der potenziell gefährdeten Vogelarten. Dies nicht zuletzt, weil sie mit ihren Brutplätzen sehr direkt von uns abhängig sind.

Menschen und Segler unter einem Dach

Segler sind perfekt an ein Leben in der Luft angepasst. Sie haben extrem lange, schlanke Flügel und sehr kurze Beine mit scharfen Krällchen, die sich gut zum Festhalten an Felsen eignen. Zum Hüpfen oder Ausbalancieren auf einem Zweig sind diese Füsse jedoch ungeeignet. Deshalb sieht man sie nie auf einem Ast oder einer Dachrinne sitzen und kennt sie nicht aus der Nähe. Viele Menschen wissen darum auch nicht, wie Mauersegler oder Alpensegler aussehen – obwohl sie vielleicht sogar mit ihnen unter einem Dach wohnen.

Segler leben von Insekten und Spinnen, welche sich am seidenen Faden von der Thermik hochtragen lassen. Alles fangen sie im Flug. Wasser wird fliegend von der Wasseroberfläche geschöpft und Nistmaterial (Hälmchen, Federchen, Buchenhüllblätter usw.) wird in der Luft gesammelt. Dieses Nistmaterial wird mit Speichel zusammengepappt und auf den Untergrund geklebt.

Übernachten in der Luft

Die Luft ist so sehr das Element der Segler, wenn sie nicht gerade Eier und Junge zu versorgen haben, dass sie auch in der Luft übernachten, auf 1500 Meter Höhe oder mehr. Mit verlangsamtem Flügelschlag halten sie sich dort, oft in etwas wärmeren Luftschichten. Werden sie durch Winde abgetrieben, so finden sie den Weg in der Morgendämmerung punktgenau wieder zurück, zum Ort (Nistplatz), wo sie aufgestiegen sind.

Gerade Mauersegler haben nur wenig Zeit hier bei uns, bevor sie wieder nach Afrika fliegen. Sie kommen Ende April, Anfang Mai und verlassen uns schon wieder Ende Juli, Anfang August. In dieser Zeit müssen sie ihr Nest ausbessern, ihre drei weissen Eier legen, ausbrüten und Junge aufziehen. Die Nestlingszeit der jungen Segler ist speziell. Die Jungen beider Arten müssen beim Ausfliegen sofort selbst jagen, Wasser schöpfen, Feinden ausweichen und gut fliegen können. Das ganze Überlebensprogramm muss fertig ausgebildet sein. Denn wer am Boden landet, wird Opfer von Katzen, Krähen oder wer auch immer solche Beute gerne verspeist. Mauersegler bleiben deshalb sechs bis sieben Wochen im Nest, abhängig von Wetter und Nahrungsangebot, Alpensegler gut acht Wochen, Alpensegler sind auch länger hier, von Anfang April bis circa Mitte September.

Wo nisten Segler?

Segler müssen in direktem Anflug am Einflugloch landen und gleich darin verschwinden können. Am liebsten landen sie an steilen Wänden. Dort können sie sich zum Abfliegen einfach fallen lassen, Geschwindigkeit gewinnen und schnell wegfliegen. Das bedeutet, dass sie ihre Nistplätze hoch oben an Gebäuden suchen, also meist am Dachrand. Ist es ein Steildach mit Schindelunterzug, dann gibt es da meistens einen Lüftungsschlitz unter/hinter der Regenrinne. Dort fliegen Segler gerne an und klettern auf das Unterdach. Der Abstand zwischen Ziegeln und Unterdach genügt für sie. Nicht weit hinter der Öffnung, an einer Stelle, wo sich vielleicht eine Dachunterzugschindel etwas wölbt, legen sie ihre Nester an. Früher war dies ein günstiger Ort – mit den heutigen heissen Frühsommern wird es gerade unter den Ziegeln des süd- oder südwestexponierten Daches zu heiss. Die Sonne darf nicht den ganzen Tag über senkrecht auf die Ziegel brennen. Am ehesten eignen sich nach Norden oder Osten geneigte Dächer

Hilfestellungen für Mauersegler beim Schrägdach

Heute wird versucht, den Seglern andere Nistplätze anzubieten, welche nicht zu heiss werden. Das kann im Traufkasten sein in Nistkästen unter dem Vordach oder unter dem Dachüberstand des Giebels, eventuell auch unter einem Balkon. Wichtig ist vor allem, dass die Nistplätze beschattet und nicht den ganzen Tag der Sonneneinstrahlung ausgesetzt sind.

… und beim Flachdach

Bei Flachdachgebäuden wird es etwas schwieriger. Natürlich kann man Seglernistkästen einfach in die Fassade einbauen, exponiert von Nordwest bis Südost. Die anderen Seiten werden schnell zu heiss. Die Nistkästen sollten zudem eine Revisionsöffnung haben, sodass man notfalls auch mal reinigen kann. Oder man bringt Nistkästen aussen an der Fassade an. Fast an jedem Gebäude gibt es geeignete Stellen für Nistkästen. Die minimale Höhe für einen Mauerseglernistplatz beträgt circa 5 Meter. Bei hohen Gebäuden werden Segler jedoch nie so tief suchen, sondern oben, in der Nähe des Dachrandes. Zu heiss kann es werden, wenn der Nistkasten auf den Dachrand gesetzt wird. Dort muss man dafür sorgen, dass auch die Rückwand vor zu viel Sonneneinstrahlung geschützt wird. Für die Segler am attraktivsten ist sicher, wenn es jeweils mehrere Nistkästen nebeneinander sind. Da Segler Koloniebrüter sind, sind die Chancen für eine Besiedlung dann besser.

Alpensegler sind speziell

Alpensegler sind grösser als Mauersegler und fast doppelt so schwer (90 –110 Gramm). Sie nisten meist ab etwa 10 Meter Höhe über Grund und sie fliegen sehr gerne von unten ein. Alpensegler können so stabile Nester bauen, dass sie sie seitlich an die Wand kleben können, ähnlich wie Schwalben, nur mit luftigerem Material. Doch sie passen sich der Nische an und nisten auch auf waagrechten Unterlagen. Da gerade Alpensegler und ihre Jungen ihren Kot gerne nach aussen absetzen, müssen Nistplätze für sie sorgfältig geplant werden. Am besten ist es wenn dazu ein Spezialist, eine Spezialistin zugezogen wird.

Checkliste: Grundbedingungen für einen Seglernistplatz

 

Mauersegler

Grundfläche: 400 cm2, eine Ausdehnung min. 12 cm
Höhe: mindestens 12 cm
Einflugöffnung: 3 cm hoch, 6 cm breit
Minimale Abflughöhe: 5 m
Material: Griffig (weiches Holz, rauer Stein, Beton)
Einflugöffnung: Fassadenbündig, nie zurückversetzt
Anflug: Muss frei sein, ohne Flughindernisse (auch keine Balkone unter dem Nistplatz)

Alpensegler

Grundfläche: 600 cm2, eine Ausdehnung min.15 cm
Höhe: mindestens 12 cm
Einflugöffnung: 4 cm hoch, 10 cm breit
Minimale Abflughöhe: 10 m
Material: Griffig (weiches Holz, rauer Stein, Beton)
Einflugöffnung: Fassadenbündig, nie zurückversetzt
Anflug: Muss frei sein, ohne Flughindernisse (auch keine Balkone unter dem Nistplatz)

Vermieden werden sollten

  • Enge Anflugschneisen
  • Absatz, Sitzstange vor der Einflugöffnung (Segler mögen das nicht)
  • Metallfassaden oder Keramikfassaden, Glasfassaden

 

 

Alle Vogelarten sind während der Zeit des Brutgeschäfts vom Gesetz geschützt. Die Brutzeit beginnt schon mit der Ankunft der Vögel im Brutgebiet, also nicht erst mit der Eiablage. Und sie endet mit dem Ausfliegen der Jungen, wenn die Vögel den Sommerlebensraum verlassen. Das Brutgeschäft darf nicht gestört werden. Gerade bei Gebäudebrütern, welche jedes Jahr ins selbe Nest zurückkehren, ist der Nistplatz auch ausserhalb der Brutzeit weitgehend durch das Natur- und Heimatschutzgesetz geschützt. Ist die Zerstörung von Nistplätzen unumgänglich (sie darf nur ausserhalb der Brutzeit erfolgen), dann muss entsprechender Ersatz geschaffen werden.

Gefährliche Baugerüste

Mauer- und Alpensegler brauchen einen freien Anflug. Da sie eine grosse Spannweite haben und Tempo brauchen, um manövrierfähig zu sein, wird ein Baugerüst zu einem gefährlichen Flughindernis. Zu leicht können sie sich da einen Flügel brechen. Und wenn sie es doch schaffen, haben sie diesen Stress jedes Mal beim Ein- und Ausfliegen. Hinzu kommt, dass gerade Katzen dann gerne auf dem Baugerüst sitzen und warten, bis wieder ein Segler kommt. Deshalb sollen Baugerüste bei «Seglergebäuden» nicht während der Brutzeit errichtet werden. Steht das Gerüst bereits, wenn die Segler ankommen, dann müssen auch schon die Ausweichnistkästen, möglichst auf Höhe des alten Brutplatzes, am Gerüst hängen, sodass die Vögel diese benützen können. Wenn möglich hinter den Nistkästen noch ein Netz anbringen, sodass sie die alten Nistplätze nicht sehen, sonst fliegen sie dort an!

 

Segler und Baugerüste: Termine

  • Mauersegler: Abwesend Mitte August – Mitte April
  • Alpensegler: Abwesend Mitte September – Ende März

Nistplätze anbieten

Der Mauerseglerbestand ist in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen. Ein Grund ist, dass bei Renovationen usw. immer wieder Brutplätze verschwinden, ohne dass Ersatz entsteht. Deshalb ist es wichtig, dass auch neue Angebote geschaffen werden. Heute gibt es im Handel viele Nistkastenmodelle, welche man aussen anbringen kann, unter dem Vordach, unter dem Balkon – wo immer der Anflug frei ist. Wer Lust hat, kann auch selbst bauen. Über die gängigen Suchmaschinen findet man viele Bauanleitungen.

Wer mehr wissen möchte, kann von der Vogelwarte oder von BirdLife Schweiz auch die Broschüre «Nistplätze für Mauer- und Alpensegler – Praktische Informationen rund um Baufragen» bestellen.

 

Aus «casanostra» 170

casanostra 170 - april 2023

Die Autorin

Iris Scholl

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