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Sorge tragen zum architektonischen Erbe

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  Do, 22.11.2018

Architekt Michael Wohlgemuth ist zurückhaltend, wenn es um die Modernisierung von geschützten Bauten geht. «Ein Solardach auf dem Kulturerbe macht mir keine Freude», meint er im Kurz-Interview.

Michael Wohlgemuth

Michael Wohlgemuth, Sie sind der Ansicht, dass altehrwürdige Bauten durch neue Elemente – etwa eine Solaranlage – abgewertet werden. Warum?

Michael Wohlgemuth: Alte Gebäude zeichnen sich dadurch aus, dass ihre Oberflächen Altersspuren annehmen und Pflege benötigen. Dies gibt einem alten Haus eine gewisse Noblesse. Werden da moderne Solarpanels installiert, geht viel davon verloren. Erhalten ist gut und Solarpanels sind es ebenfalls; aber es passt nicht immer zusammen. Da ist eine Güterabwägung wichtig.

Werden aus Ihrer Sicht zu oft Gebäude kaputt modernisiert?

Durchaus – recht häufig gar. Weniger bei wertvollen Denkmalobjekten; dort sind die Prioritäten klar. Daneben gibt es zahlreiche schöne alte Liegenschaften, die mit modernistischen Elementen und Anbauten im Charakter gestört werden. Moderne Ergänzungen sehen nach zwanzig Jahren total veraltet aus. Was sich gut einfügt dagegen, das passt auch in fünfzig Jahren noch zum Altbau.

Rücksichtsvoll und gut eingepasst modernisieren ist eigentlich kein Problem. Das kann zwar etwas teurer werden – dafür sieht es doppelt so lange gut aus. Es braucht einen Architekten, der das traditionelle Handwerk kennt, der nicht immer nur «Akzente» setzen will oder sonstwie übermässig geltungssüchtig ist.

Mit Solaranlagen ist der Umgang schwieriger. Das sind nun mal technische Elemente.

Welches sind die Alternativen?

Eine Solaranlage auf dem Dach ist auch ein Statement. Eines, das mir grundsätzlich sympathisch ist. Gleichzeitig empfinde ich es als sinnlos, wenn Kleinstanlagen auf schöne Dächer gesetzt werden, während 200 Meter weiter das grosse Dach einer Werkhalle ungenutzt bleibt.

Oft wäre es mir lieber, das Engagement würde sich in einer Grossanlage, etwa mit einer Investition in eine Solarallmend niederschlagen.

«In den letzten 50 Jahren ging viel Substanz für immer verloren.»

Wie beurteilen Sie die Schutzbemühungen der einschlägigen Institutionen? Reichen diese aus, um das Erbe zu bewahren?

Eigentumsbeschränkungen sind schon mühsam; nicht nur für den Eigentümer, sondern auch für die Verwaltung, welche sie durchsetzen muss. Wenn ich aber überlege, wie viel Bausubstanz in den letzten fünfzig Jahren verschwunden ist und wie viele technische Herausforderungen in den nächsten fünfzig Jahren auf uns zukommen, dann bin ich sehr froh um die Schutzbestrebungen unserer Institutionen. Ohne diese wäre in weiteren fünfzig Jahren praktisch alles weg, was ich als typisches Schweizer Ortsbild kenne. Das wäre ein gravierender Identitätsverlust. Auch die jetzt umstrittene Ausweitung des Schutzes auf die im Isos-Inventar erfassten Ortsbilder begrüsse ich.

Der Autor

Andreas Käsermann© Ruben Sprich

Andreas Käsermann
Journalist

Aus «casanostra» 148

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