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Vor drei Monaten kam die Arbeitsgruppe Wohnschutz zum Schluss, dass das neue Wohnraumfördergesetz und die Wohnschutzverordnung zwar Potenzial haben, der Investorinnenlogik entgegenzuwirken, aber deren Wirksamkeit noch unklar ist. Nun hat auch die vom Präsidialdepartement in Auftrag gegebene Evaluation ähnliche Schlüsse gezogen.

Vor rund drei Monaten habe ich in casanostra 176 den Konsens unserer Arbeitsgruppe Wohnschutz mit den Worten «Da steh ich nun, ich armer Tor – und das ist auch gut so!» zusammengefasst. Wir waren in unserer Situationsanalyse nämlich zum Schluss gekommen,

  • dass mit dem neuen Wohnraumfördergesetz und der Wohnschutzverordnung dringend nötige Regulierungen geschaffen worden waren, die das Potenzial hatten, der Investor*innenlogik von Aufwertung und Verdrängung etwas entgegenzusetzen.
  • dass aber noch völlig unklar ist, ob sie diesem Anspruch gerecht werden.
  • dass dies wiederum nur normal sei, da angesichts riesiger Einmaleffekte wegen welt- und zinspolitischer Lage und wegen der langen Planungszeiträume in der Baubranche noch gar keine Möglichkeit besteht, Aussagen zur Wirksamkeit der Bestimmungen auf den Markt zu treffen.

Zu ähnlichen Schlüssen kam letzte Woche nun auch die Evaluation, welche das Präsidialdepartement in Auftrag gegeben hatte. Das ist vor allem spannend, angesichts der Schlagseite, welche die Arbeit sicher hat – wenn grossmehrheitlich Vertreter*innen der Finanzindustrie befragt werden, kann eigentlich kaum eine andere als die Investor*innenoptik in den Antworten auftauchen!

In einer beispiellosen Machtdemonstration hatte aber die bürgerliche Mehrheit im Basler Grossen Rat ein ganzes Wahlkampfpaket von Vorstössen durchgepeitscht, schon bevor die Druckerschwärze meines Artikels getrocknet war. (Einzig das unsinnigste Bürokratiemonster am Ende der Liste konnten SP und Grüne mit Unterstützung der GLP wenigstens zum unverbindlichen Anzug abmildern lassen.)

Darum geht es bei den Motionen zur Lockerung der Wohnschutz-Bestimmungen

  • Die LDP will Sanierungen von der Bewilligungspflicht befreien, welche einen Mietzinsaufschlag von maximal zehn Prozent bewirken. – was faktisch den grössten Teil der mietrechtlich korrekt abgewickelten Sanierungen betreffen dürfte.
  • Die GLP will energetische Sanierungen wie Fassadendämmungen von der Bewilligungspflicht ausnehmen. – Pikant dabei: Diese Anteile der Sanierungskosten können bereits mit dem bestehenden Wohnschutzgesetz überwälzt werden.
  • Die FDP will vermietetes Stockwerkeigentum vom Wohnschutz befreien. – Allerdings nur Wohnraum, welcher nach Annahme der Initiative zu Stockwerkeigentum umgewandelt worden ist. Eine «clevere» Exitstrategie für agile Investor:innen, so zu sagen.
  • Die SVP will eine „Entpolitisierung“ der Wohnschutzthematik: Personen, welche Verbänden wie dem Mieter*innenverband nahestehen, sollen nicht mehr in der Wohnschutzkommission tätig sein dürfen. – Dass die politische «Gegenseite» mit Vertreter*innen der Industrie sehr gut vertreten ist, stört offensichtlich genausowenig, wie die tendenziöse Zusammenstellung der Fachmeinungen in der oben genannten Evaluation des Präsidialdepartementes.
  • Die Mitte schliesslich wollte für Basel die umfassende Definition des Begriffs «Wohnungsnot» abschaffen. Neu soll diese aufgeschlüsselt nach «Wohnungsgrösse, Preiskategorie und Standort» ausgewiesen werden, damit die Regelungen nicht dauernd und überall gültig sein müssen. – Der Begriff Rechtssicherheit scheint der Partei nicht vertraut und die Frage wäre geblieben, wer den ganzen Aufwand der Erhebung bezahlen soll.

Kurz zuvor war noch bekannt geworden, dass der Mieterverband sich erstmals mit Investor*innen in einem Streitfall rund um das WRFG auf eine Neubaulösung hatte einigen können – unter der Bedingung, dass diese dem Casafair Kostenmietmodell unterstellt würde.

Trotzdem soll jetzt der neu gewählte Regierungspräsident Cramer – offensichtlich ohne Not – ein Gesetz massiv beschneiden, welches der Basler Souverän eben erst deutlich angenommen hatte. Dass es dabei zum Referendum von links kommen wird, steht wohl bereits heute fest. Damit aber nicht genug, versucht die Mitte Basel-Stadt nun ihren Wahlkampf noch mit einer unformulierten Initiative – das sind die Initiativen, bei denen in der Regel der Wunsch Vater des Gedankens ist – aufzupeppen, die fordert, Kantonsverfassung und Gesetz seien so anzupassen, «dass wieder mehr Wohnungen neu gebaut und saniert werden». In meiner Jugend hätte es bei einem solchen Anliegen ja noch Bemerkungen über die bekannten Verflechtungen der Basler CVP mit dem Bauwesen gegeben, aber eben: …» nos et mutamur in illis»

Der Autor

Chaim Howald
Nanowissenschaftler / Schadstoffexperte
Vorstand Casafair NWCH
Mitglied Arbeitsgruppe Wohnschutz

Vor drei Monaten kam die Arbeitsgruppe Wohnschutz zum Schluss, dass das neue Wohnraumfördergesetz und die Wohnschutzverordnung zwar Potenzial haben, der Investorinnenlogik entgegenzuwirken, aber deren Wirksamkeit noch unklar ist. Nun hat auch die vom Präsidialdepartement in Auftrag gegebene Evaluation ähnliche Schlüsse gezogen.

Vor rund drei Monaten habe ich in casanostra 176 den Konsens unserer Arbeitsgruppe Wohnschutz mit den Worten «Da steh ich nun, ich armer Tor – und das ist auch gut so!» zusammengefasst. Wir waren in unserer Situationsanalyse nämlich zum Schluss gekommen,

  • dass mit dem neuen Wohnraumfördergesetz und der Wohnschutzverordnung dringend nötige Regulierungen geschaffen worden waren, die das Potenzial hatten, der Investor*innenlogik von Aufwertung und Verdrängung etwas entgegenzusetzen.
  • dass aber noch völlig unklar ist, ob sie diesem Anspruch gerecht werden.
  • dass dies wiederum nur normal sei, da angesichts riesiger Einmaleffekte wegen welt- und zinspolitischer Lage und wegen der langen Planungszeiträume in der Baubranche noch gar keine Möglichkeit besteht, Aussagen zur Wirksamkeit der Bestimmungen auf den Markt zu treffen.

Zu ähnlichen Schlüssen kam letzte Woche nun auch die Evaluation, welche das Präsidialdepartement in Auftrag gegeben hatte. Das ist vor allem spannend, angesichts der Schlagseite, welche die Arbeit sicher hat – wenn grossmehrheitlich Vertreter*innen der Finanzindustrie befragt werden, kann eigentlich kaum eine andere als die Investor*innenoptik in den Antworten auftauchen!

In einer beispiellosen Machtdemonstration hatte aber die bürgerliche Mehrheit im Basler Grossen Rat ein ganzes Wahlkampfpaket von Vorstössen durchgepeitscht, schon bevor die Druckerschwärze meines Artikels getrocknet war. (Einzig das unsinnigste Bürokratiemonster am Ende der Liste konnten SP und Grüne mit Unterstützung der GLP wenigstens zum unverbindlichen Anzug abmildern lassen.)

Darum geht es bei den Motionen zur Lockerung der Wohnschutz-Bestimmungen

  • Die LDP will Sanierungen von der Bewilligungspflicht befreien, welche einen Mietzinsaufschlag von maximal zehn Prozent bewirken. – was faktisch den grössten Teil der mietrechtlich korrekt abgewickelten Sanierungen betreffen dürfte.
  • Die LDP will energetische Sanierungen wie Fassadendämmungen von der Bewilligungspflicht ausnehmen. – Pikant dabei: Diese Anteile der Sanierungskosten können bereits mit dem bestehenden Wohnschutzgesetz überwälzt werden.
  • Die FDP will vermietetes Stockwerkeigentum vom Wohnschutz befreien. – Allerdings nur Wohnraum, welcher nach Annahme der Initiative zu Stockwerkeigentum umgewandelt worden ist. Eine «clevere» Exitstrategie für agile Investor:innen, so zu sagen.
  • Die SVP will eine „Entpolitisierung“ der Wohnschutzthematik: Personen, welche Verbänden wie dem Mieter*innenverband nahestehen, sollen nicht mehr in der Wohnschutzkommission tätig sein dürfen. – Dass die politische «Gegenseite» mit Vertreter*innen der Industrie sehr gut vertreten ist, stört offensichtlich genausowenig, wie die tendenziöse Zusammenstellung der Fachmeinungen in der oben genannten Evaluation des Präsidialdepartementes.
  • Die Mitte schliesslich wollte für Basel die umfassende Definition des Begriffs «Wohnungsnot» abschaffen. Neu soll diese aufgeschlüsselt nach «Wohnungsgrösse, Preiskategorie und Standort» ausgewiesen werden, damit die Regelungen nicht dauernd und überall gültig sein müssen. – Der Begriff Rechtssicherheit scheint der Partei nicht vertraut und die Frage wäre geblieben, wer den ganzen Aufwand der Erhebung bezahlen soll.

Kurz zuvor war noch bekannt geworden, dass der Mieterverband sich erstmals mit Investor*innen in einem Streitfall rund um das WRFG auf eine Neubaulösung hatte einigen können – unter der Bedingung, dass diese dem Casafair Kostenmietmodell unterstellt würde.

Trotzdem soll jetzt der neu gewählte Regierungspräsident Cramer – offensichtlich ohne Not – ein Gesetz massiv beschneiden, welches der Basler Souverän eben erst deutlich angenommen hatte. Dass es dabei zum Referendum von links kommen wird, steht wohl bereits heute fest. Damit aber nicht genug, versucht die Mitte Basel-Stadt nun ihren Wahlkampf noch mit einer unformulierten Initiative – das sind die Initiativen, bei denen in der Regel der Wunsch Vater des Gedankens ist – aufzupeppen, die fordert, Kantonsverfassung und Gesetz seien so anzupassen, «dass wieder mehr Wohnungen neu gebaut und saniert werden». In meiner Jugend hätte es bei einem solchen Anliegen ja noch Bemerkungen über die bekannten Verfechtungen der Basler CVP mit dem Bauwesen gegeben, aber eben: …» nos et mutamur in illis»

Der Autor

Chaim Howald
Nanowissenschaftler / Schadstoffexperte
Vorstand Casafair NWCH
Mitglied Arbeitsgruppe Wohnschutz



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