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Eigenmietwert: Das politische Feilschen ist eröffnet

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  Do, 13.06.2019

Bundesbern beschäftigt sich derzeit einmal mehr intensiv mit dem Thema Eigenmietwert. Dies durchaus nicht zum ersten Mal, ist doch insbesondere der bürgerlich gesteuerten Eigentümerlobby die Fiskalabgabe seit Langem ein Dorn im Auge. Jetzt liegt der Ball beim zuständigen Finanzdepartement, welches im Auftrag der ständerätlichen Wirtschaftskommission eine Anhörung lanciert.

Die aktuelle Debatte um den Eigenmietwert geht auf einen Vorstoss von HEV-Präsident Hans Egloff (Nationalrat SVP/ZH) zurück, welcher den Eigenmietwert einmal mehr in Frage stellte. Beileibe nicht der erste Angriff auf den lästigen Steuerposten, dessen Existenzberechtigung kaum einleuchtend ist. «Warum soll ich eine Einnahme versteuern müssen, die nie auf meinem Konto auftaucht?» Die Frage zu beantworten, ist nicht ganz trivial – wird doch der Eigenmietwert nicht zuletzt auch von den Mietenden als ausgleichende Gerechtigkeit betrachtet.

Zusätzlich wurde der Eigenmietwert – um den Groll der Hausbesitzenden in Grenzen zu halten – wenigstens mit einer Handvoll Abzugsmöglichkeiten (etwa für Schuldzinsen oder Unterhaltskosten) gepaart.

Diese Steuererleichterungen hatte die politische Rechte in der Vergangenheit freilich immer schön wahren wollen. Bloss den Eigenmietwert selber wollte man endlich los sein. Wenig überraschend, dass diese «Alles-oder-nichts»-Politik jeweils recht zuverlässig grandios scheiterte. Auch am Widerstand der Kantone: die Abschaffung des Eigenmietwerts hätte ihnen happige Ausfälle beschert, welche auf Kosten der Allgemeinheit hätten kompensiert werden müssen.

2017 kam Bewegung in die Sache

Die derzeit laufende Vernehmlassung zum Thema hat ihren Ursprung in jener Debatte, die bereits 2017 vom Nationalrat geführt wurde. Diese zeitigte einen gewissen Handlungsspielraum. Selbst bürgerlichst getrimmte Ratsmitglieder liessen sich zu Gedankenspielen über einen vollständigen Systemwechsel – also Abschaffung des Eigenmietwerts bei gleichzeitigem Wegfall der Abzugsmöglichkeiten – hinreissen. Diese Position wurde seinerzeit auch von Casafair (bzw. dem Hausverein Schweiz) gefordert: Der Zentralvorstand hat nach einer internen Konsultation aller Sektionen gefordert, «auf die Besteuerung des Eigenmietwerts inskünftig zu verzichten, jedoch gleichzeitig auch die ausgleichenden Abzugsmöglichkeiten zu streichen.» Der «vollständige Systemwechsel» nennt sich das dann. Für die Verbandsspitze überwogen die Vorteile einer effizienten, einfachen und gerechten Wohneigentumsbesteuerung. Indes: «Durch den Systemwechsel fallen gegenüber heutiger Praxis Anreize zur Werterhaltung einer Liegenschaft weg.» Solche Anreize müssten zwar anderswo geschaffen werden, «allerdings soll dies nicht mehr über Steuerabzüge, sondern über eine direkte Förderung geschehen.»

Steuerausfälle abhängig vom Zins

In dieser Phase der Beratung hat sich Casafair-Vize-Präsident und SP-Nationalrat Thomas Hardegger beim Bundesrat über die Auswirkungen eines Systemwechsels auf die Steuereinnahmen erkundigt. Demnach hängen die Steuerausfälle von der Höhe des Hypothekarzinssatzes ab: Beim jetzigen Hypothekarzinsniveau von rund 2 Prozent dürften dem Fiskus bei einer Abschaffung sowohl der Abzüge wie auch des Eigenmietwerts jährlich etwa 400 Millionen Franken direkte Bundessteuern entgehen. Die Kantone hätten zusätzlich ebenfalls Ausfälle. Das Minus wäre, so die Einschätzung aus dem Finanzdepartement, auf allen Staatsebenen allerdings noch sehr viel höher, fiele der Eigenmietwert weg, während Schuldabzüge weiterhin möglich wären.

Stiege der Hypothekarzins dagegen auf 3 Prozent, so dürften die heutige Handhabe und der Systemwechsel ungefähr gleich viel Steuern abwerfen. «Folglich würden für den Bund bei einem Systemwechsel und einem Zinsniveau von 5 Prozent Mehr einnahmen resultieren», lässt der Bundesrat in seiner Antwort auf Hardeggers Interpellation wissen. Und weiter: «Je vollständiger ein Systemwechsel, desto günstigere Rahmenbedingungen werden für eine rechtsgleiche Besteuerung von Wohneigentümern und Mietern geschaffen.» Und schliesslich rechnet der Bundesrat mit einer «administrativen Vereinfachung und damit tieferen Vollzugskosten». Eine strikte Abwehrhaltung klingt in Bundesbern anders.

Ausgang der Debatte höchst ungewiss

Der Nationalrat hat in seiner Lesung vor knapp drei Jahren den vollständigen Systemwechsel beim Eigenmietwert zwar durchaus wohlwollend diskutiert; den Zeitpunkt für eine Änderung des Modus Vivendi jedoch als ungünstig betrachtet. Danach war der Ständerat am Zug, der nun seine Auswahlsendung mit fünf Varianten präsentiert hat und diese in eine Vernehmlassung gab, an welcher sich auch Casafair als Keyplayer beteiligt. Derzeit ist völlig ungewiss, welcher der Lösungsansätze die Anhörung, die Kommission sowie die anschliessende Plenums-Beratung im Stöckli übersteht.

Eine weitere Unbekannte: die Haltung der Banken- und Versicherungsbranche, die sich in der bisherigen Diskussion vornehm zurückgehalten hat. Das dürfte sich aber ändern, sollte eine Reduktion des Schuldzinsabzuges oder gar dessen Abschaffung tatsächlich ernsthaft erwogen werden.

Sicher ist: Der letzte Tango um den Eigenmietwert wird noch eine Weile nicht angestimmt. Denn vor den Wahlen wird das Geschäft nicht mehr beraten werden können. Anzunehmen ist auch, dass die Debatte ohnehin in einer Differenz zum Nationalrat mündet; der also erneut über dem Geschäft brüten muss. Die Angelegenheit zieht sich damit weit in die neue Legislatur – mit möglicherweise veränderten Mehrheitsverhältnissen im Bundeshaus. Ob es unter diesen Vorzeichen dem Eigenmietwert wirklich an den Kragen geht? Es lässt sich nur spekulieren.

Der Autor

Andreas Käsermann

Andreas Käsermann
Journalist

Aus «casanostra» 151

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