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An der Delegiertenversammlung vom 14. Juni ist das Verbandspräsidium von Claudia Friedl auf Ursula Zybach übergegangen. Casanostra hat die abtretende und die zukünftige Präsidentin zu Beginn der Sommersession auf einen Kaffee in Bern getroffen.

Casanostra: Claudia, unter deiner Ägide hat Casafair seinen Namen gewechselt, die Wachstumsstrategie angewandt und ist insgesamt grösser geworden. Bist du zufrieden mit der Entwicklung des Verbands?

Claudia Friedl: Ich bin zufrieden, dass wir diese Veränderungen angestossen haben, und zwar wirklich aus dem Zentralvorstand heraus. Es war die Lust, etwas zu machen, das sich von dem abhebt, was wir bisher gemacht haben. Beim Namen haben wir gemerkt, dass «Hausverein» nicht mehr zeitgemäss ist – jede Stockwerkeigentümergemeinschaft nennt sich so, und das hat uns nicht mehr gefallen. Aus dem Vorstand kam dann der Enthusiasmus, etwas Neues, Verrücktes zu machen. Wir haben uns auch extern beraten lassen, mit dem ehrgeizigen Ziel, die Mitgliederzahl innerhalb von fünf Jahren zu verdoppeln. Wir haben dann leer geschluckt, aber wir haben gesagt: Okay, gehen wir diesen Weg. Eine Verdoppelung haben wir nicht erreicht, aber den Trend konnten wir in diese Richtung lenken, und das ist für mich der Erfolg. Wenn Ursula diese Verdoppelung trotzdem noch erreicht, umso besser. Aber jetzt, im Jahr 2025, können wir uns neue Ziele setzen.

Ursula Zybach: Ich finde es super, dass der Name gewechselt wurde, denn «Hausverein» klang ein bisschen grümschelig. Früher musste ich erklären, was der Verband macht. Das ist heute zwar immer noch so, aber der Begriff «Casafair» ist selbsterklärender.

Für die Zukunft: Welche Herausforderungen siehst du für Casafair in den nächsten zehn Jahren?

Ursula: Die Wachstumsstrategie kann einfach weiterverfolgt werden. Wachstum ist weiterhin wichtig, denn Wohnen zu fairen Bedingungen bleibt ein zentrales Thema – sei es der Wunsch nach einem eigenen Haus, das Vererben oder andere Umbrüche. Es ist entscheidend, dass Casafair sichtbarer und bekannter wird, um den Mitgliedern einerseits den Rücken zu stärken, aber ihnen auch mehr Möglichkeiten zu geben im Umgang mit ihrem Eigentum.

Claudia: Bekannter werden ist ein wichtiges Stichwort. Das war am Anfang nicht wirklich als Ziel formuliert. Aber inzwischen ist klar, dass es sinnvoll ist, auch auf politischer Ebene mitreden zu können. Denn die Menschen sehnen sich nach einer Stimme, die ihre Überzeugungen vertritt. Beim Thema Wohnen gibt es da eine ganze Palette an Anliegen. Auch Themen, die heikel sind, weil sie unterschiedliche Interessen berühren. Hier kommt das «faire Denken» von Casafair ins Spiel, auf dem wir aufbauen müssen.

Ursula: Kannst du noch weiter ausführen, was du damit meinst?

Claudia: Nehmen wir den Eigenmietwert: Für jemanden, der sein Haus abbezahlt hat, ist die Besteuerung des Eigenmietwerts etwas anderes als für jemanden, der gerade erst Wohneigentum erwirbt. Es gibt also verschiedene Perspektiven. Wir haben viele Themen, bei denen wir einig sind, aber eben auch kontroverse Aspekte. Das macht die Arbeit spannend.

Ursula: Genau das zeichnet Casafair aus – dieses differenzierte Denken. Statt nur nach weniger Steuern, weniger Abgaben oder einem freieren Markt zu rufen, wie es andere Akteure im Immobilienbereich tun, schauen wir differenziert hin: Was bedeutet das für die Bewirtschaftung von Immobilien, für Eigentümer*innen und Mieter*innen? Ich glaube, es ist das, was den Verband auszeichnet. Das ist anspruchsvoller und dafür stehe ich gerne ein.

Claudia: Ja, es geht nicht nur um Renditemaximierung, sondern um ein differenziertes Hinschauen.

Welche Chancen siehst du für Casafair in den nächsten fünf bis zehn Jahren?

Claudia: Der Verband hat grosses Potenzial, denn es gibt immer mehr Menschen mit Wohneigentum, die fair und umweltbewusst wirtschaften wollen. Allerdings gibt es eine gewisse Vereinsmüdigkeit, und es ist viel Aufwand, neue Mitglieder zu gewinnen. Wir müssen dranbleiben, wie wir es in letzter Zeit verstärkt getan haben. Aber da hat es schon viel Potenzial.

Ursula: Ich sehe ebenfalls viel Potenzial. Die Geschäftsstelle ist gut aufgestellt. Es ist beeindruckend, wie man in den einzelnen Sektionen unterwegs ist. Es geht hier um die Verankerung vor Ort: weil Immobilien an einen bestimmten Ort gebunden sind und unterschiedliche Bedingungen gelten. Hier könnten wir noch stärker werden und noch mehr differenzieren. Der Wohnungsmarkt ist im Umbruch – Themen wie Wohnungsmangel in Städten, die Problematik von Airbnb in Tourismuszentren, wo der bezahlbare Wohnraum fehlt. Dann auch das Thema des Vererbens. Die Generation, die jetzt erbt, hat oft selbst kein Eigentum und steht vor neuen Herausforderungen. Auch Baureglemente ändern sich regelmässig. Hierbei sehe ich unglaublich viele Möglichkeiten und Chancen für Leute, die eine nachhaltigere Art im Umgang mit dem knappen Gut Boden finden wollen. Besonders jüngere Generationen bringen neue Überlegungen ein, was wiederum grosse Chancen für Casafair bietet. Um die Vereinsmüdigkeit anzugehen, könnten wir Dienstleistungen anbieten, die auch Nichtmitglieder ansprechen, die kostenpflichtig oder anderweitig finanziert werden. Dieses Angebot gibt dann dem Verband wiederum Sichtbarkeit und Stärke.

Claudia: Genau, die Beratung für Nichtmitglieder ist ein Bereich, den wir ja eigentlich noch nicht ausgebaut haben. Bisher waren wir stark auf Mitglieder fokussiert. Gerade in der Beratung wäre es durchaus möglich, dass man das eben ausweitet, mit anderen Bedingungen für Nichtmitglieder. Und das andere, was du gesagt hast, Ursula, betreffend die Sektionen, das finde ich einen sehr wichtigen Aspekt. Die neue Sektionskonferenz, die zweimal jährlich stattfinden soll, ist ein gutes Gefäss, um den Austausch zu fördern. Denn die Sektionen sind zum Teil schon ziemlich allein.

Ursula: Die Sektionskonferenz sehe ich als Errungenschaft deiner Zeit, Claudia. Ihr habt eine Statutenanpassungen durchgebracht mit recht brenzligem Inhalt, unter anderem die Stärkung von diesen Sektionen. Es ist ein Geschenk, so weiterfahren zu können. Ich habe selten Statuten gesehen und eine strukturelle Veränderung eines Verbands, die so durchdacht sind und so basisdemokratisch erstellt wurden. Mit diesen verschiedenen Phasen und den Leuten, die ihr einbezogen habt und die mitgemacht haben. Das hat mich sehr beeindruckt.

Im Antrittsinterview mit casanostra hast du, Claudia, gesagt, dass Casafair das politische Profil schärfen soll, auch mit dem Risiko, dass nicht alle Mitglieder ein verstanden sind. Hat Casafair das in deinen Augen geschafft?

Claudia: Ja, ich denke, das ist uns gelungen. Es gab immer wieder schwierige Fragen, aber wir sind unseren Zielen treu geblieben, ohne sie zu verwässern. Wir haben eine klare Stimme entwickelt, die auch gegenüber dem Hauseigentümerverband, der viel mehr Mitglieder hat, gehört wird. Beim Bundesamt für Wohnungswesen werden wir inzwischen gleichwertig wahrgenommen, und das ist ein grosser Fortschritt, dass man eben anerkennt, dass es eine andere Sicht auf diese Problematik geben muss. Ursula: Als langjähriges Mitglied finde ich, dass der Weg, klare Positionen zu beziehen, gelungen ist. Ich fühle mich in den letzten Jahren immer stärker mitgetragen. Es gibt eine klare Linie und Klarheit.

Wie wichtig wird die politische Arbeit im eidgenössischen Parlament?

Ursula: Sie bleibt zentral. Themen wie der Eigenmietwert, mit der Abstimmung im September, bieten eine grosse Chance, die Sichtbarkeit des Verbands zu erhöhen. Manche Mitglieder könnten mit unserer Haltung nicht einverstanden sein, etwa jene, die ihr Haus abbezahlt haben und keine Renovierungen planen. Aber im Gesamtblick ist die Position des Verbands richtig. Sie gibt uns Sichtbarkeit. Aber auch andere Themen können wir bewirtschaften. Der Wohnraum wird knapper, und die Ansprüche steigen – grössere Wohnungen, ruhiges Wohnen, und trotzdem stadtnah. Viele Themen werden auf das politische Parkett kommen, die wir jetzt noch nicht absehen können.

Claudia: Vielleicht ist auch nicht alles so politisch. Die Themenvielfalt ist riesig, und das zeigt sich auch in unserem Magazin casanostra. Eine Reduktion auf rein politische Fragen wäre ein Verlust. Es ist die Themenvielfalt, die den Verband auch etwas ausmacht.

Als letzte Frage: Gibt es einen Rat, den du Ursula mitgeben möchtest?

Claudia: Nein, einen Rat muss ich Ursula nicht geben. Ursula ist seit über zwanzig Jahren Mitglied von Casafair. Sie liebt Häuser, vor allem alte Häuser, die man vor dem Untergang retten kann. Ich bin überzeugt, dass sie mit ihrem Elan neuen Schub bringt. Das ist genau, was Casafair braucht. Ich freue mich darauf!

Interview: Nadim Chammas



  • Ursula Zybach und Claudia Friedl: Nadim Chammas

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