Wie in allen grossen Städten gehören fehlender Wohnraum und die steigenden Miet- und Immobilienpreise auch im Kanton Basel-Stadt zu den dringendsten Sorgen der Bevölkerung. So sind die «Wohnschutzinitiative» von 2018 und die Durchsetzungsinitiative «Ja zu ECHTEM Wohnschutz» von 2021 als Reaktionen auf einen überhitzten Immobilienmarkt, grosse Wohnungsnot und eskalierende Preise zu verstehen. Diese wurden nicht ohne Grund, sondern parallel zu und ergänzend zu einem breiten Strauss von Massnahmen behördlicher Wohnraumförderpolitik ergriffen.
Prolog – The Sky Is the Limit
Bereits 2001 hat der Regierungsrat erste sehr erfolgreiche wohnraumpolitische Massnahmen aufgegleist. Mit dem vorausschauenden Impulsprojekt «Logis Bâle – ‹ 5000 Wohnungen in 10 Jahren›» wurde die Richtung der Basler Immobilienpolitik des bisherigen 21. Jahrhunderts vorgegeben: Durch gezielte Anreize Investor:innen dazu bringen, den Basler Immobilienbestand zu entwickeln und zu ergänzen. Ursprünglich eine Massnahme zur Bekämpfung der Stadtflucht, wurden die wichtigsten Elemente dieser Politik schliesslich in eine Fachstelle überführt, mit dem Auftrag, die Attraktivität des Stadtwohnens zu fördern. Diese erhielt auch Verantwortung und Kompetenz, der aufkommenden Wohnungsnot entgegenzuwirken. Unterstützt wurde diese Absicht ab 2013 durch das neue Wohnraumfördergesetz WRFG. Darin vorgesehen waren erstmals die Möglichkeit für «Darlehen oder finanzielle Beiträge zur Förderung von Wohneigentum in Baugemeinschaften oder alternativen Wohneigentumsmodellen», sowie Beratungsangebote «zwecks Förderung der Schaffung von neuem und der Sanierung sowie des Um- und Ausbaus von bestehendem Wohnraum, insbesondere im Rahmen privater Investitionen». Für gemeinnützige Wohnbauträger wurden mit der Möglichkeit von Bürgschaften und Vergünstigungen bei der Baurechtsvergabe nochmals deutlich günstigere Bedingungen geschaffen. Gleichzeitig wurden die Anforderungen für den Abriss oder die Umnutzung von Wohnraum neu definiert. In der Folge und getrieben von der konjunkturellen Entwicklung kam es zu einem eigentlichen Bauboom in Basel-Stadt. Dieser führte dazu, dass die Leerwohnungsziffer 2021 erstmals wieder über einem Prozent lag, obwohl seit 2008 laufend mehr Menschen nach Basel gezogen sind. Neben grossen Arealentwicklungen (z.B. Volta, Erlenmatt, Dreispitz) waren dafür auch grosszügige Aufzonungen ausschlaggebend. Ausgerechnet letztere führten aber zu Binnenmigration und Verdrängung.
« … Dass ich erkenne, was die Welt im Innersten zusammenhält … »
Die Umsetzung der Initiativen von 2018 und 2021 mit der heutigen Wohnraumschutzverordnung WRSchV und dem WRFG führten nun ein, was eine grosse Bevölkerungsmehrheit gefordert hatte: Eine verschärfte Bewilligungspflicht mit Mietzinskontrolle bei Um- oder Ersatzneubau. Damit können sie ein wichtiges Korrektiv im Sinne der sozialen Nachhaltigkeit darstellen. Die Fragen bleiben nun: werden sie diesem Anspruch gerecht und welchen Preis bezahlen wir dafür? Kern der Gesetzgebung ist eine zusätzliche Prüfung der Bauvorhaben durch die neugeschaffene, paritätisch zusammengesetzte Wohnschutzkommission und ein fixer Satz für die Berechnung der maximalen Mietzinsaufschläge. Das betrifft sämtliche mietzinswirksamen Bauvorhaben von Liegenschaften mit mehr als drei Wohnungen. Neubauten auf unbebauten Parzellen, Sanierungen von Einfamilienhäusern beziehungsweise kleinen Mehrfamilienhäusern oder Arbeiten im Rahmen des einfachen ordentlichen Unterhalts sind entsprechend nicht betroffen, gemeinnützige Wohnbauträger sind ausgenommen.
Für die zu prüfenden Fälle existiert eine dreifache Fallunterscheidung.
- Das Vorhaben ist nicht mietzinsrelevant: Einfaches Prüfverfahren. Projekte werden in der Regel ohne Einwände genehmigt.
- Kleinere Umbauten: Beschleunigtes Verfahren. Bewilligungsfähige Bandbreite der Mietzinsaufschläge liegt bei maximal CHF 80 im Monat für eine Ein- oder Zweizimmerwohnung, CHF 120 für eine Dreizimmerwohnung bzw. CHF 160 für eine Vier- oder Fünfzimmerwohnung. Mit einem Satz von aktuell 2,452 % (abhängig vom Referenzzins) und der Vorgabe, dass üblicherweise 50 % einer Investition als wertvermehrend angesehen werden kann, wenn sie «den überwiegenden Bedürfnissen der Bevölkerung entspricht», ergibt sich so aktuell für eine Einzimmerwohnung ein Investitionsvolumen von knapp CHF 40 000 welches im vereinfachten Verfahren behandelt werden kann.
- Grössere Eindringtiefe / Umbau nach Kündigung durch Eigentümerin: Umfassendes Bewilligungsverfahren. Für jede einzelne Massnahme wird geprüft, ob sie altersbedingt notwendig ist, in mehreren Einheiten standardisiert durchgeführt wird, die Baustruktur schont und zu bedeutenden Energieeinsparungen führt. Zudem muss die Wohnung in derselben Kategorie verbleiben (Wohnungstyp, Zimmerzahl, Wohnfläche und Ausbaustandard). Jede Massnahme, welche diese Kriterien erfüllt, wird in der Regel hälftig zu 2,452 % überwälzt.
Da steh ich nun, ich armer Tor – und das ist auch gut so!
Mit diesem Mechanismus wurde ein differenziertes und wirkmächtiges Werkzeug geschaffen, um neben der dringend nötigen sozialen auch die ökologische Nachhaltigkeit zu fördern. In der Folge befinden sich die Verantwortlichen der Fachstellen, die Planenden und Ausführenden von Bauprojekten sowie die Eigentümer:innen in einer Phase der Neuorientierung.
Die Methoden und Parameter für die Bewertungen der Liegenschaften im Bestand werden der aktuellen Situation angepasst werden müssen. Damit nachhaltige, energiebewusste, ökologische Instandsetzungen finanziert werden können, muss vermieden werden, dass überbewertete sanierungsbedürftige Bausubstanz mit hohem Erneuerungsbedarf auf dem Markt angeboten werden. Auch neue Vermietungsmodelle wie Kurzzeit- oder Untermiete, Stockwerkeigentums- Verkauf heruntergewirtschafteter Bausubstanz sollten hinterfragt werden.
Für Casafair-Mitglieder sind wir zuversichtlich, dass sie einen zeitgemässen Umgang mit ihren Liegenschaften pflegen und wir sie dabei unterstützen können.