Schliessen

Casafair Logo

Weniger Parkplätze für mehr Lebensqualität

,

  Do, 31.03.2022

Der Anteil der Haushalte ohne Auto ist seit den 2000er-Jahren stetig gestiegen. Gleichzeitig stehen Quartiere hoch im Kurs, die von der Belästigung durch den Autoverkehr verschont bleiben und über freundliche und angenehme öffentliche Räume verfügen. Der Stellenwert des Autos in Wohngebieten wird immer mehr infrage gestellt. Die positiven Argumente und guten Beispiele zeigen, dass es möglich ist, mit weniger Parkplätzen zu bauen.

In Europa, aber auch in der Schweiz

Deutschland, Österreich, Luxemburg, die Niederlande und Schweden: In Europa gibt es viele Beispiele für Gebäude oder ganze Quartiere, die ohne Parkplätze gebaut wurden. Auch in der Schweiz verbreitet sich der Trend – zunächst vor allem in der Deutschschweiz, doch die Romandie hat begonnen, ihren Rückstand aufzuholen. Die Plattform «autofrei/autoarm » wohnen des Verkehrs-Clubs der Schweiz (VCS) listet 26 gebaute und 12 geplante Quartiere auf.

Ein urbaner Trend, der auch auf dem Land Fuss fasst

Die ersten Quartiere ohne oder mit weniger Parkplätzen entstanden in den Städten, da diese über eine gute Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr verfügen. Aber auch ländliche Gebiete, die auf den ersten Blick für diese Art des Wohnens weniger geeignet scheinen, zeigen zunehmend Interesse. Dies ist zum Beispiel in Aegerten im Kanton Bern der Fall, wo 44 Wohnungen und 10 Zimmer für ein Bed & Breakfast gebaut und mit nur 24 Parkplätzen ausgestattet werden sollen. Das Viertel ist nur unzureichend an den öffentlichen Nahverkehr angebunden, aber die Behörden erteilten dennoch die Baubewilligung, da die Wohnungsgenossenschaft ein Mobilitätskonzept erstellt hat und Carsharing-Lösungen anbietet.

In Affoltern am Albis im Kanton Zürich wurden 16 Wohnungen erstellt, ohne dass ein Parkplatz für die Bewohner*innen gebaut wurde (lediglich zwei Plätze für Besucher*innen). Dank der guten ÖV-Anbindung wurde die Baubewilligung erteilt, aber es ist eine Reservefläche für mögliche Parkplätze vorgesehen, falls diese benötigt werden.

Teamarbeit, Kommunikation und alternative Mobilität

Was braucht es für die erfolgreiche Planung eines Quartiers für autofreies/autoarmes Wohnen? Verschiedene Bauherr*innen wurden zu den Erfolgsfaktoren ihres Projekts befragt. Zwei Punkte wurden dabei am Häufigsten genannt: die frühzeitige Mobilisierung aller vom Projekt Betroffenen (Behörden, Politik, Nachbarschaft) sowie die Unterstützung in der Gemeinde. Darüber hinaus unterstrichen die Bauherr*innen die Bedeutung einer offenen Kommunikation in Verbindung mit einer Sensibilisierungskampagne, eine von Beginn weg klare Zielsetzung – und Beharrlichkeit bei der Umsetzung. Schliesslich ist es wichtig, dass eine gute Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr besteht und genügend Velo-Abstellplätze gebaut werden.

Vorteilhaft für alle

Obwohl es in der Schweiz immer mehr gute Beispiele gibt, muss sich die Mentalität in dieser Hinsicht noch verbessern. Dabei hat das Konzept zahlreiche Vorteile. Für Bauherr*innen bedeutet ein Projekt für autofreies/ autoarmes Wohnen Einsparungen beim Bau und bei der Instandhaltung von Strassen. Die Mietpreise sinken und es wird Raum für neue Nutzungen frei.

Auch die Gemeinden profitieren: Das autofreie/ autoarme Wohnen verringert nicht nur den motorisierten Verkehr auf den lokalen Strassen, sondern trägt auch zu energiesparenden Strukturen und damit zur 2000-Watt-Gesellschaft bei. Der freiwerdende Platz führt zu einem Raumgewinn ohne Verlust an Wohnqualität. Lokale Geschäfte, Dienstleistungen und Freizeitangebote werden stärker genutzt und die Quartiere dadurch belebt. Massnahmen zur Förderung des Velo- und Fussgängerverkehrs führen dazu, dass sich die Bewohner*innen mehr bewegen. Schliesslich sorgen solche Projekte für eine gesteigerte Lebensqualität und verbessern so auch das Image der Gemeinde.

Für die Bevölkerung verringert die Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs die Umweltbelastung und die Gefahr von Verkehrsunfällen. Es können mehr Grünflächen für Spiel, Begegnung und Erholung geschaffen werden, und Zu-Fuss-Gehen und Velofahren werden gefördert: So fällt es leichter, sich im Alltag mehr zu bewegen. In wirtschaftlicher Hinsicht schliesslich fallen die auf die Mieter*innen abgewälzten Kosten für Parkplätze weg.

Warum nicht auch Sie?

Sie möchten ein Quartier oder ein Gebäude autofrei oder autoarm konzipieren und brauchen Rat? Nutzen Sie das neue Beratungsangebot des VCS und seine Plattform autofrei/autoarm Wohnen (PAWO). Das Beratungsangebot richtet sich an Immobilieninvestoren, Stadtplanungsbüros, kommunale Immobilienverwalter und Wohnungsbaugenossenschaften. wohnbau-mobilitaet.ch (Planen & Bauen)

Aus «casanostra» 165

Die Autorin

Emilie Roux
Projektverantwortliche autofrei/autoarm Leben beim VCS

Werbung