Velotauglich bauen, klimafreundlich leben – Casafair

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Velo­taug­lich bauen, kli­ma­freund­lich leben

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Do, 16.06.2022

Velos kön­nen das Auto für viele Mobi­li­täts­zwe­cke erset­zen. Sie sind kli­ma­freund­lich, gesund­heits­för­dernd und platz­spa­rend. Dafür braucht es neben siche­ren Ver­kehrs­lö­sun­gen auch gut geplante Abstell­mög­lich­kei­ten beim Wohn­ge­bäude. Denn Velo­fah­ren hört nicht beim Haus­ein­gang auf – im Gegen­teil: Es beginnt dort.

Wer kennt sie nicht, die steile Treppe in den Velo­raum? Den Kraft­akt mit der schwe­ren Tür, durch die man das Velo raus­ma­nö­vrie­ren muss? Velo­kel­ler sind Errun­gen­schaft und Fluch zugleich. Vie­ler­orts wurde das Velo beim Bau aber nicht nur unzu­rei­chend, son­dern gar nicht mit­ge­dacht. Das gilt beson­ders für städ­ti­sche Alt­bau­ten, bei denen Abstell­plätze eine Rari­tät sind. Idea­ler­weise wird das Velo schon in der Pla­nungs­phase kon­se­quent mit­ge­dacht.
Ver­bes­se­run­gen sind aber fast über­all mög­lich – und nötig, wenn das kli­ma­freund­li­che Ver­kehrs­mit­tel eine echte Alter­na­tive zum Auto sein soll.

Velos wei­ter im Vormarsch

In Stadt und Agglo­me­ra­tion sind Fahr­rä­der ein immer belieb­te­res Fort­be­we­gungs­mit­tel. 2020 wur­den in der Schweiz rund 500 000 Velos ver­kauft, davon 170 000 E‑Bikes. All diese Velos brau­chen einen Abstell­platz und Infra­struk­tur. Neben Velo­we­gen, zen­tra­len Abstell­plät­zen und guten Lösun­gen im Stadt­ver­kehr, um die sich Bund, Kan­tone und Gemein­den küm­mern, sind auch die Wohn­lie­gen­schaf­ten ent­schei­dend für die Vel­o­för­de­rung. Neben Trep­pen sind hohe Tür­schwel­len bei­spiels­weise für ein Las­ten­velo fast unüber­wind­bar, enge Durch­gänge oder zufal­lende Türen ver­mie­sen schon Kin­dern die Freude am täg­li­chen Fahr­rad­fah­ren. Ein hin­der­nis­freier Zugang zu den Abstell­flä­chen ist entscheidend.

Vor­bild Velosiedlung

Neue Sied­lungs­pro­jekte wie das Zoll­haus in Zürich und Vogel­sang in Win­ter­thur machen vor, wie es geht: Das Zoll­haus, ein Pro­jekt der Genos­sen­schaft Kalk­breite, bie­tet 265 Vel­o­ab­stell­plätze für 50 Woh­nun­gen, davon über 200 indoor. Die Veloräume sind von aus­sen direkt und ohne Niveau­un­ter­schied zugäng­lich. Auch an Steck­do­sen für E‑Bikes und eine Velo­werk­statt wurde gedacht. Die Sied­lung Vogel­sang in Win­ter­thur mit 150 Woh­nun­gen nennt sich sogar Velo­sied­lung. Sie bie­tet neben 18 Velo­hal­len auch Wasch­platz, Werk­statt und Pump­sta­tion. Pro Schlaf­zim­mer ist ein Abstell­platz inklu­sive. In die­sen brand­neuen Sied­lun­gen waren Velos von Anfang an ein­ge­plant und erwünscht – ein gros­ser Vorteil.

Aben­teu­er­li­che Zufahrten

In älte­ren Gebäu­den ist das Velo nicht sel­ten ein unge­lieb­ter Stör­fak­tor. Falls ein Velo­raum vor­han­den ist, ist er oft aben­teu­er­lich erschlos­sen – mit stei­len Trep­pen, Schie­be­schie­nen, klei­nen Wen­de­flä­chen und unprak­ti­schen Türen. Wo das E‑Bike nicht samt Anhän­ger um die Kurve kommt, wird der Trans­port in die Kita zum unge­woll­ten Früh­sport. Eine gute Lösung sind Ram­pen mit wenig Nei­gung. Sie die­nen unter­schied­li­chen Velo­ty­pen und erleich­tern auch allen mit Kin­der­wä­gen, Ein­kaufs­wä­gen, Rol­la­to­ren und Roll­stüh­len den Zugang. Die Stadt Zürich emp­fiehlt in ihrem «Leit­fa­den Velo­par­kie­rung in Wohn­sied­lun­gen» Nei­gun­gen für Velor­am­pen von höchs­tens zehn Pro­zent bei Ram­pen im Freien und zwölf Pro­zent bei über­dach­ten Ram­pen. Auch Lift­lö­sun­gen kön­nen sich bewäh­ren, wenn die Kabine gross­zü­gig bemes­sen ist.

Platz­be­darf und Veloleichen

Eine vel­o­af­fine Fami­lie mit zwei Kin­dern hat im Schnitt fünf bis sechs fahr­rad­ähn­li­che Gefährte – bei­spiels­weise zwei Erwach­se­nen­ve­los, ein E‑Bike mit Anhän­ger, zwei Kin­der­ve­los und ein Drei­rad. Dazu kom­men Trot­ti­netts und Kin­der­wa­gen. Die benö­tigte Abstell­flä­che liegt im Rah­men eines Auto­park­plat­zes. Das Astra rech­net im «Hand­buch Velo­par­kie­rung» mit einem Vel­o­ab­stell­platz pro Zim­mer. Man­che Kan­tone haben eigene Regelungen.

Wo der Platz knapp ist, sind nie oder sel­ten benutzte Fahr­rä­der, soge­nannte «Velo­lei­chen», ein Ärger­nis. Sie blo­ckie­ren Platz für Fahr­zeuge, die wirk­lich gebraucht wer­den. Dem kann man auf zwei Arten Abhilfe schaf­fen: Mit einer Abstell­platz­miete oder einer jähr­li­chen Bestan­des­kon­trolle – oder bei­dem. Bereits eine geringe Miete führt dazu, dass Hausgenoss*innen sich fra­gen, ob sie den Platz wirk­lich brau­chen. Bei einer Kon­trolle müs­sen die Bewohner*innen ihre Velos mar­kie­ren. Nicht mehr fahr­tüch­tige Velos und sol­che ohne Besit­zer wer­den nach Ankün­di­gung ent­fernt. Den­noch bleibt es in vie­len Fäl­len eng.

Draus­sen, aber geschützt

Nicht immer gibt es im Gebäude über­haupt Platz für Velos. In die­sen Fäl­len fin­det sich die Lösung viel­leicht aus­ser­halb. Der Vor­teil: Das Thema Treppe oder Lift fällt in der Regel weg. Nach­teil: Schutz vor Wit­te­rung und Dieb­stahl ist schwie­ri­ger. Ver­schie­dene Anbie­ter buh­len mit Abstell­vor­rich­tun­gen um Kun­den: Vom simp­len Velo­stän­der über ein­be­to­nierte Bügel bis zu gedeck­ten Lösun­gen und Käfi­gen ist alles mög­lich. Für Abstell­lö­sun­gen mit Fun­da­ment braucht es eine Baubewilligung.

Fahr­rad­kä­fige und Velogara­gen wer­den gern genutzt, wenn sie gross­zü­gig und gedeckt sind. Auch die Höhe spielt eine Rolle: Steh­höhe ist ein Muss, sobald mehr als nur das Renn­velo für die Frei­zeit depo­niert wird: Wer mit Taschen, Kin­dern und Anhän­ger zu Hause ankommt, will sich bequem am Velo betä­ti­gen kön­nen. Abstell­bü­gel sind ein Mini­mal­an­ge­bot vor Wohn­häu­sern. Sie kos­ten wenig und wer­den fürs Kurz­zeit­parkie­ren und von Besucher*innen genutzt. Sie sind aus­ser­dem die ideale Ergän­zung zu Veloräu­men im Hausinnern.

Steck­dose und Diebstahlschutz

Der Platz­be­darf ist nur eine der Her­aus­for­de­run­gen. Der Ort, an dem Velos über Nacht und bei Nicht­ge­brauch ste­hen kön­nen muss etli­che Anfor­de­run­gen erfül­len, wenn in einer Lie­gen­schaft das Velo geför­dert wer­den soll. Sau­ber, über­sicht­lich und gut beleuch­tet sind Grund­vor­aus­set­zun­gen, damit sich Men­schen in Räu­men wohl­füh­len. «Sichere, über­dachte und leicht zugäng­li­che Velo­par­kier­an­la­gen in Wohn­ge­bie­ten för­dern die Benut­zung des Velos und ver­hin­dern, dass die­ses in Haus­ein­gän­gen oder auf Trot­toirs abge­stellt wird», schreibt das Astra im Hand­buch für Velo­par­kie­rung in Wohngebäuden.

Wei­tere Fra­gen kön­nen sein: Kön­nen auch Anhän­ger, Kin­der­ve­los und Tan­dems unter­ge­bracht wer­den? Und wohin mit Helm, Flick­zeug et cetera?

Wer ein E‑Bike fährt, steht nun vor der Suche nach der nächs­ten Steck­dose: Muss ich den schwe­ren Akku die Trep­pen hoch in die Woh­nung tra­gen? Oder gibt es eine prak­ti­sche Lösung im Abstell­raum? Wie wird der Strom­ver­brauch fürs Laden gerecht abge­rech­net? Um hier die rich­ti­gen Lösun­gen zu fin­den, lohnt es sich, den Bedarf der Haus­ge­mein­schaft abzu­klä­ren. Fahr­rä­der haben ver­schie­denste Funk­tio­nen, von Frei­zeit und Sport über Trans­port bis zur Pen­del­lö­sung. Ent­spre­chend viel­fäl­tig sind die Bedürfnisse.

Sha­ring für moderne Mobilität

In Sied­lun­gen, Mehr­fa­mi­li­en­häu­sern und Quar­tie­ren lohnt sich das Tei­len von Gegen­stän­den und Fahr­zeu­gen. Immer häu­fi­ger wer­den Las­ten­fahr­rä­der geteilt. Aber auch Anhän­ger sind eine Mög­lich­keit. Das ist das Tätig­keits­feld der Firma Poly­roly in Win­ter­thur. Diese arbei­tet mit Sied­lun­gen und Genos­sen­schaf­ten zusam­men. «Wir orga­ni­sie­ren soge­nannte Kupp­lungs­tage, an denen wir die Velos einer Sied­lung mit der pas­sen­den Kupp­lung aus­rüs­ten», erklärt Heiri Weid­mann. In der Sied­lung Vogel­sang ste­hen den Bewoh­nen­den 14 Lei­han­hän­ger zur Ver­fü­gung. Die Genos­sen­schaft GWG hat sogar den Gross­teil der Kos­ten für die Anhän­ger und die Kupp­lungs­tage über­nom­men. Aller­dings: Nicht über­all läuft es so rund: «Je nach Bewoh­ner­struk­tur und bau­li­chen Vor­aus­set­zun­gen ist es schwie­rig bis unmög­lich, das Velo auch für Trans­porte zu eta­blie­ren», sagt Weid­mann. Darum ist es das A und O, die Bedürf­nisse eines kli­ma­freund­li­chen und kos­ten­güns­ti­gen Trans­port­mi­xes schon in der Pla­nungs­phase von Neu­bau­ten oder Sanie­run­gen kon­se­quent mitzudenken

Mein Haus wird velo­fit – Wie gehe ich vor?

  1. Erfas­sen Sie die aktu­elle Situa­tion: Zufahrt, Abstell­platz, Anzahl Fahrzeuge.
  2. Dis­ku­tie­ren Sie in der Haus­ge­mein­schaft über Wün­sche und Vorschläge.
  3. Brin­gen Sie Sha­ring­an­ge­bote ins Spiel.
  4. Das Rad nicht neu erfin­den: Suchen Sie Inspi­ra­tion bei Vorreitern.
  5. Legen Sie Ziele und favo­ri­sierte Lösun­gen fest.
  6. Prü­fen Sie die Mach­bar­keit: Tra­gende Wände, Grenz­ab­stände et cetera.
  7. Holen Sie Offer­ten ein und prü­fen Sie Varianten.
  8. Pla­nen Sie die Umset­zung in einer geeig­ne­ten Sai­son und über­le­gen Sie, wo Velos, Kin­der­wa­gen et cetera. wäh­rend der Bau­zeit stehen.
  9. Sor­tie­ren Sie nicht mehr gebrauchte Velos regel­mäs­sig aus und sor­gen Sie für War­tung und Rei­ni­gung der neuen Anlagen.

Aus «casanostra» 166

Die Autorin

Corinne Roth

Corinne Roth Vock
Jour­na­lis­tin
schloss­wort

Vor-und Nach­teile von Parkiermöglichkeiten 

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