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«Lieber Störche auf dem Dach als Öl im Keller»

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  Do, 03.09.2020

Die aktuelle Debatte des Parlaments zum neuen CO2-Gesetz hat das Thema «Ölheizung ersetzen» national zum Politikum gemacht. Einer, der auch ohne strenge Gesetze handelt, ist Daniel Gassmann, Präsident der Casafair-Sektion Mittelland. Seit 2019 ist er glücklicher Besitzer einer Erdwärmeheizung.

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«Die ersten paar Wochen bin ich fast jeden Abend in den Keller gegangen und habe fasziniert der neuen Wärmepumpe beim ‹Sürele› zugehört.» Mittlerweile pflegt Daniel Gassmann meist wieder andere Hobbys, aber seine Erdwärmeheizung freut ihn sichtlich immer noch.

Das Vierfamilienhaus im Berner Obstbergquartier (Baujahr 1916) hat Gassmann 2003 gemeinsam mit seiner Frau gekauft. Das Paar hat die Liegenschaft Schritt für Schritt besser gedämmt: Erst den Keller, dann Dach und Fenster. Die Folgen dieser Umbauten liessen sich an der Ölrechnung ablesen: Der Verbrauch sank von anfänglich gegen 8000 Liter auf etwas über 5000 Liter Heizöl. Und jetzt, mit der neuen Erdwärmeheizung, sind es – nach einem milden Winter – noch rund 1100 Liter, wenn man den Strom, den sie verbraucht, in Heizöläquivalente umrechnet.

«Das fägt doch einfach!», zieht Gassmann zufrieden Bilanz. «Als Hausbesitzer sind wir schliesslich in der Pflicht, etwas gegen die Klimaerwärmung zu unternehmen.» Die Zahlen geben ihm recht. «In der Schweiz ist der Gebäudepark für einen Drittel der Schweizer CO2-Emissionen und für rund 40 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs verantwortlich», sagt Roger Nufer vom Bundesamt für Energie.

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Wohneigentümer Daniel Gassmann vor seiner Liegenschaft an der Bantigerstrasse in Bern. Wo der Öltank stand, parken nun Fahrräder. Die alten Gussradiatoren spenden Wärme aus Wasser, welches vorher rund 250 Meter tief ins Erdreich gepumpt wurde.

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Veralteter Bestand mit grossem Potenzial

Der gesamte Bestand der Schweiz umfasst zwischen 2,5 und 3 Millionen Gebäude, davon rund 1,8 Millionen Häuser mit Wohnnutzung. Gut 85 Prozent der Gebäude wurden vor dem Jahr 2000 gebaut, schätzungsweise 1,4 Millionen sind sanierungsbedürftig.

Grosses Potenzial in Sachen Klimaschutz gibt es bei der Gebäudedämmung und beim Ersatz von Heizsystemen. Laut Nufer zeigt ein Blick in die Gebäudestatistik, dass im Jahr 2014 über 60 Prozent der Gebäude immer noch fossil beheizt wurden und nur etwa 23 Prozent über Wärmepumpen oder Holzheizungen verfügten.

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Immerhin: Beim Blick auf neuere Gebäude mit Baujahr 2001 bis 2014 zeigt sich, dass nur noch knapp 40 Prozent fossil und 50 Prozent mit Holz oder Wärmepumpen beheizt wurden. Der Übergang von fossilen zu erneuerbaren Energieträgern vollzieht sich langsam. Doch reicht das? – Die aktuelle politische Debatte zum neuen CO2-Gesetz zeigt: hier scheiden sich die Geister.

Der Ständerat hat im September 2019 beschlossen, dass ab 2023 im Fall einer Heizungserneuerung ein CO2-Grenzwert von 20 Kilogramm pro beheizten Quadratmeter in einem Jahr gelten soll. Faktisch käme dies für viele Bauten einem Ölheizungsverbot gleich. Eigentümerinnen und Eigentümer dürften nur noch dann eine neue Ölheizung einbauen, wenn das Haus sehr gut isoliert ist. Der Nationalrat möchte jedoch, dass den Kantonen eine Übergangsfrist bis 2026 gewährt wird. In den Augen von Gassmann wäre eine weitere Verzögerung im Hinblick auf die Erreichung der Klimaziele schlecht. Er kann Hausbesitzer, die heute noch eine Ölheizung einsetzen, nicht verstehen. «Es gibt zukunftsträchtigere Technologien!»

Investitions- und Betriebskosten

Natürlich sei der Kauf einer Ölheizung auf den ersten Blick billiger. Langfristig sehe die Rechnung aber anders aus. In seinem persönlichen Fall geht Gassmann davon aus, dass er – die ganze Lebensdauer eingerechnet – für die Erdwärmeheizung etwa gleich viel ausgeben wird, wie wenn er sich für eine Ölheizung entschieden hätte.

Laut EnergieSchweiz – einem Programm des Bundesamtes für Energie – lohnt sich der Ersatz von alten Ölheizungen finanziell. Die Investitionskosten für klimafreundliche Heizsysteme seien zwar in der Regel höher als für den Eins-zu-eins-Ersatz einer Öl- oder Gasheizung, nicht jedoch, wenn die Gesamtkosten über den Lebenszyklus betrachtet werden.

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Zufriedene Mieterinnen und Mieter

Die Umstellung auf ein Heizsystem mit erneuerbarer Energie gilt nach schweizerischem Mietrecht als wertvermehrende Investition, deren Kosten sich durch eine Erhöhung des Mietzinses auf die Mieter abwälzen lässt. Gassmann und seine Partnerin haben rund die Hälfte der Kosten auf die Mietzinse übertragen. Die Reduktion der Nebenkosten einberechnet, resultierte eine Mieterhöhung von 35 Franken im Monat. Seine Mieterinnen und Mieter sind dennoch zufrieden. «Es dörft ou e chli tüürer wärde», meinte einer, als man in der Hausgemeinschaft den Wechsel zum neuen, klimafreundlichen Heizsystem besprach.

Jetzt hofft Gassmann, dass sich auf dem Kamin des Hauses, der nun keine Funktion mehr hat, bald Störche ansiedeln werden. Denn in der näheren Umgebung nistet bereits ein Pärchen. «Das wäre doch toll.»

Tipps für Nachahmer

Auf die Frage, was er Hausbesitzerinnen und -besitzern, die ihre Heizung auch bald erneuern müssten, als wichtigsten Rat mitgeben würde, meint Gassmann: «Erstens: Eine Energieberatung ist äusserst hilfreich. Und zweitens würde ich auf Fernwärme setzen, wenn das lokal möglich ist.» Sein Quartier sei leider nicht an ein Fernwärmenetz angeschlossen, deshalb sei er auf ein anderes erneuerbares System ausgewichen.

Close-up view of a household radiator valve and dial© animaflora/istock

Vor sieben Jahren hat Gassmann Sonnenkollektoren für die Aufbereitung von Warmwasser auf das Dach bauen lassen. Heute würde er anders entscheiden und auf Photovoltaik setzen, um eigenen Solarstrom für die Wärmepumpe zu erzeugen. Um den Mehrverbrauch an Strom zu kompensieren, haben er und seine Partnerin inzwischen ein Solardach in Bern mitfinanziert und beziehen Solarstrom vom lokalen Energieversorger.

Ausblick

Und was plant Gassmann als nächstes? In seinem Eigenheim habe er derzeit keine grossen neuen Umbaupläne, meint er. Aber als umweltbewusster und politischer Kopf verfolgt er die Entwicklungen im Energiesektor sehr aufmerksam: «Aus energiepolitischer Sicht bin ich überzeugt, dass wir insbesondere beim Speichern von Solarenergie für den Winter rasch einen grossen Schritt vorankommen sollten. Um die Energiewende zu schaffen, ist dies essenziell!»

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Wohneigentümer Daniel Gassmann vor seiner Liegenschaft an der Bantigerstrasse in Bern. Wo der Öltank stand, parken nun Fahrräder. Die alten Gussradiatoren spenden Wärme aus Wasser, welches vorher rund 250 Meter tief ins Erdreich gepumpt wurde.

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Die Autorin

Mirella Wepf© zvg/mad
Mirella Wepf
Journalistin

Aus «casanostra» 157

Casanostra 157 September 2020

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