Wohneigentümerinnen und Wohneigentümer in der Schweiz sind reich - an Schulden. Ist mit den steigenden Kreditzinsen die Zeit gekommen, Hypotheken abzuzahlen? Ein Ratgeber.
Schweizer Privathaushalte haben in Westeuropa sowohl die höchsten Netto-Finanzvermögen als auch die höchsten Schulden. Gemäss Schweizer Nationalbank (SNB) nahmen die Schulden der Privathaushalte, hauptsächlich Hypotheken, im Verlauf des Jahres 2021 stetig weiter zu. Insgesamt erhöhten sie sich um 31 Milliarden auf insgesamt 967 Milliarden Franken – ein Plus von 3,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Erkenntnis: Die Schweizer Privathaushalte sitzen auf einem riesigen Schuldenberg.
Das Ende der ultratiefen Zinsen
Kreditnehmende wurden in den letzten zehn Jahren mit tiefen Zinsen «verwöhnt». Im Idealfall haben sie in der vergangenen Tiefzinsphase für die Hochzinsphase Reserven gebildet oder das Ersparte für den Schuldenabbau eingesetzt. Denn je nach Kreditlaufzeit schmerzen höhere Zinsen früher oder später alle Kreditnehmenden. Fakt ist: Die Hypozinsen sind stark gestiegen. Der Zinsindex der Plattform Hypotheke.ch stand Anfang 2022 noch bei 1,12 Prozent, im März 2023 schon bei 2,71 Prozent.
Hypozinsen sind steuerlich absetzbar
Wie sich die Hypozinsen in der Schweiz weiterentwickeln, hängt stark von der Geldpolitik der SNB ab. Die Zinshöhe spielt bei der Überlegung, ob eine Hypothekarschuld zurückbezahlt werden soll oder nicht, eine wichtige Rolle. Ein Rechenbeispiel: Zahlt ein Kreditnehmer bei einem Zinssatz von 2,2 Prozent 100 000 Franken der Hypothek an die Bank zurück, spart er pro Jahr 2200 Franken an Zinskosten. Bei einem Zinssatz von 1,2 Prozent sind es nur 1200 Franken. Je höher der Zinssatz ist, desto mehr lohnt es sich somit, die Hypothek zu tilgen. Je nach Ausgangslage gibt es gute Gründe, die Hypothek zu amortisieren, sofern ein Kreditnehmer über freies Kapital verfügt und das Ende der Laufzeit naht. Andere Faktoren sprechen dagegen – wie zum Beispiel die steuerliche Absetzbarkeit von Hypothekenzinsen.
Renditechancen wegen Amortisierung verpassen
Nutzen Kreditnehmende Barmittel zur Kredit-Amortisation, steht dieses Geld nicht für allenfalls gewinnträchtigere Investitionen zur Verfügung. Wie viel Rendite jemand mit Wertschriften verpasst, hängt auch davon ab, wie hoch der offerierte Zins für eine neue Hypothek ist. Ist die Inflation – im Februar 2023 lag sie bei 3,4 Prozent – höher als der offerierte Zinssatz, verkleinern sich die Schulden laufend. Solche Kreditnehmer*innen können also mit einer Amortisation zuwarten. Wer auf Sicherheit setzt und genügend freie Mittel oder grosse Vorsorgeguthaben hat, wählt die Amortisation und ist im Alter schuldenfrei.
Hypothekarnehmerinnen und -nehmer stellen sich vor einem Entscheid am besten folgende Fragen:
- Wie sieht meine finanzielle Situation aus?
- Spare ich mehr, wenn ich weniger Zinsen zahlen muss oder ist der Steuervorteil dank den Abzugsmöglichkeiten grösser?
- Kann ich eine höhere Rendite mit dem Geld erzielen, als ich an Zinsen spare?
- Brauche ich viel Liquidität, oder kann ich es mir leisten, die Hypothek zu amortisieren?


