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Mietrecht und Steuerrecht

Positionspapier zum Reformbedarf im Miet- und Steuerrecht

A. Grundsätzliche Überlegungen

1. Recht haben und Recht bekommen

Gesetze zum Mietrecht setzen die Regeln, die für die Mieter*innen und die Vermieter*innen in ihrem Vertragsverhältnis den Rahmen vorgeben. Je umfassender und eindeutiger die Bestimmungen formuliert sind, desto weniger juristische Auseinandersetzungen sind bei unterschiedlichen Meinungen zwischen Mietpartei und Vermieterschaft notwendig und desto weniger Interpretationsspielraum hat die Richterin oder der Richter. So legt z.B. das Gericht fest, was eine zulässige Rendite ist, wobei das Bundesgericht diese Berechnungsvorgabe auch schon wieder geändert hat.

Auf der anderen Seite engen zu präzise Bestimmungen den Spielraum für individuelle Vereinbarungen ein; eine Absprache in gegenseitigem Interesse wäre allenfalls von Gesetzes wegen nicht zulässig. Im Streitfall ist die Vermieterschaft bei einer Kündigung vielleicht im Recht. Trotzdem fürchtet sie den drohenden Gang vor die Schlichtungsstelle, die sicher eine Fristerstreckung vorschlägt. Andererseits wehren sich viele Mieter*innen nicht gegen eine ungerechtfertigte Mietzinserhöhung, weil sie eine spätere Rachekündigung befürchten. Casafair unterstützt da eine Modernisierung des Mietrechts, wo eindeutige Regelungen sowohl der Vermieterschaft wie auch der Mieterschaft unmissverständliche Rechte zubilligen, die darum von beiden Seiten akzeptiert werden (müssen).

2. Wohnungsnot und Mietzinsspirale

Unbestritten sind viele Mietzinsen in den letzten Jahren trotz sinkender Hypothekarzinsen und niedriger Teuerung weiter gestiegen. In vielen urbanen Gebieten übersteigt die Nachfrage das Angebot, was mangels griffiger Regulierungen gegen ungerechtfertigte Mietzinserhöhungen für viele Wohnungssuchende zu unbezahlbarem Wohnraum führt. Das ist auch volkswirtschaftlich eine ungesunde Entwicklung. Zum einen wird die Kaufkraft gesenkt, was die Wirtschaft schwächt. Zum andern geraten Menschen in finanzielle Notlagen, die allenfalls durch die öffentliche Hand unterstützt werden müssen – Unterstützungsgelder, die direkt den Vermieter*innen zufliessen.

Insbesondere die Bestimmung, Mieten der Quartier- und Ortsüblichkeit anpassen zu dürfen, droht eine Mietzinsspirale in Gang zu setzen. Diese Bestimmung ist deshalb grundsätzlich abzuschaffen. Wie nach langjährigen Mietverhältnissen und grossem Sanierungsbedarf eine kostendeckende Miete, die anfallende Kosten und Rückstellungen berücksichtigt, berechnet wird, ist mit neu zu erarbeitenden Modellen zu definieren. Ob dies mit statistisch berechneten Vergleichsmieten oder mit Lageklassen erreicht werden kann, müsste untersucht werden und gegebenenfalls mit weiteren Regulierungen ergänzt werden.

Wenn die Immobilienpreise, und damit die Mieten, viel schneller steigen als Löhne, Renten und Sparzinsen, führt das in städtischen Gebieten zu sozialer Entmischung und ruft nach regulierenden Massnahmen, z.B. bei den Bestimmungen zur Mietzinsgestaltung.

3. Der schwierige Weg von Mietrechtsrevisionen

In den letzten Jahren sind wiederholt Revisionsvorhaben an Referenden gescheitert, immer weil zu viele Bestimmungen auf einmal hätten geändert werden sollen. Weder wurden Mieterrechte gestärkt noch konnten Vermieter*innen von regulatorischen Erleichterungen profitieren.

B. Reformbedarf

1. Angemessene / zulässige Rendite und/oder Kostenmiete

Einerseits hat die Vermieterschaft Anrecht auf eine Verzinsung ihres Eigenkapitals, auf der anderen Seite werden in Regionen mit Wohnungsknappheit ungebührlich hohe Renditen über die Mieten erzielt. Heute legt das Gericht fest, was (eigentlich) zulässig wäre. Wird die zulässige Rendite überschritten, muss die Mietpartei das wieder über das Gericht anfechten lassen und die Berechnung der Vermieterschaft als unrechtmässig beurteilen lassen. Hier braucht es Regeln zur Mietzinsgestaltung, die differenzierbare Kostenmieten als Basis nehmen. Bei Altbauten sollten Rückstellungen für Erneuerungen eingerechnet werden können. Zudem müssen bei überrissenen, spekulativen Kaufpreisen die Eigenkapitalverzinsung stärker begrenzt sein. Bei spekulativen Kaufpreisen und bei Altbauten mit baulichen Defiziten soll die Mietpartei die angemessene Rendite anzweifeln können. Ein Monitoring der Mietzinsentwicklung, die dank einer gesetzlichen Offenlegung der Daten durch die Eigentümerschaft ermöglicht wird, ermächtigt sowohl die Mietenden wie die Vermietenden die Einhaltung der gesetzlich zulässigen Renditen zu errechnen.

2. Mietzinsanpassung bei Mieter*innenwechsel

Das Bundesgericht hat im Frühling 2021 ein wegweisendes Urteil gefällt. Demnach muss nach einem Mieter*innenwechsel mit einem Mietzinsaufschlag bis 10% die Mietpartei belegen, wieso die Erhöhung ungerechtfertigt erfolge. Das kann bei Altbauten und nach langjährigen Mietverhältnissen gerechtfertigt oder gar notwendig sein. Der Gesetzgeber sollte jedoch mit Präzisierungen für Vermieter- und Mieterschaft Klarheit schaffen, so dass ein Gang vor Gericht nicht notwendig wird. Die Bestimmung des Mietzinses auf Grund der Anpassung an die Quartier- und Ortsüblichkeit ist zu streichen (vgl. Ausführungen in 2. 2.Absatz)

3. Kündigungsschutz / Leerkündigungen

Immer wieder werden ganze Liegenschaften wegen «umfassender Sanierung» leer gekündigt. Für langjährige Mieter*innen ist es oft schwierig, eine andere zahlbare Wohnung zu finden. Der Vermieterschaft winkt hingegen bei einer Neuvermietung ein grösserer Spielraum bei der Festsetzung des neuen Mietzinses. Wer entscheidet, ob eine etappenweise Sanierung langjährigen Mieter*innen den Wohnraum sichern kann oder ob eine Leerkündigung unumgänglich ist? Wie kann günstiger Wohnraum vor reinem Renditedenken geschützt werden? Mit dem Gesuch zur Baubewilligung sollte deshalb von der Bauherrschaft belegt werden, wieso eine Leerkündigung notwendig ist. Aus Sicherheitsgründen kann eine solche durchaus angezeigt sein. Bei der Mietzinsgestaltung nach Leerkündigungen und Sanierungen sollte aber die Angemessenheit der Rendite einfacher überprüft werden können. Diese Rendite muss durch den Miet-Mehrwert abzüglich allfälliger öffentlicher Förderbeiträge begrenzt werden. Auf der anderen Seite darf eine querulatorische Mietpartei, die die Hausgemeinschaft belastet und zu Lasten der Vermieterschaft Schaden verursacht, nicht auf grosszügige Fristerstreckung durch das Gericht zählen dürfen.

4. Eigenmietwert

Casafair spricht sich für die Abschaffung des Eigenmietwerts aus – dann, und nur dann, wenn sie vollständig und ohne weitere Steuerabzüge umgesetzt wird. Dies, obwohl der Eigenmietwert als fiktives Einkommen steuertechnisch einer korrekten Logik als Anlagerendite folgt, weil die Umsetzung in den Kantonen kaum die gesetzlichen Vorgaben erfüllt und weil insbesondere bei älteren Wohneigentümer*innen ohne Hypothekarbelastung zu einer höheren Steuerbelastung führt. Die Steuerabzüge für energetische Sanierungen sind durch Förderbeiträge zu ersetzen. Von steuerlichen Abzügen profitieren die hohen Einkommen viel stärker und bei einer Vermietung kann die Mieterschaft nur bei Förderbeiträgen die entlastende Berücksichtigung bei der Mietzinserhöhung einfordern. Dies ist bei den Revisionen der Energie- und Steuergesetze aufeinander abzustimmen. Eine gerechte Lösung beim selbstbewohnten Eigentum gilt es für den Abzug von Unterhaltsarbeiten zu finden, soll der Erhalt der Bausubstanz unterstützt werden. Casafair wird sich deshalb vehement gegen die Abschaffung des Eigenmietwertes einsetzen, wenn mit Abzügen einseitig die steuerlich bereits begünstigten Eigentümer*innen weitere Entlastungen erhalten sollen. Dadurch entstehende Steuerausfälle müssten letztlich durch die Allgemeinheit mit höheren Steuern ersetzt werden.

Vom Zentralvorstand verabschiedet am 23.11.2021

Die Autor*innen

Thomas Hardegger

Thomas Hardegger
Vizepräsident Casafair Schweiz

Karin Weissenberger

Karin Weissenberger
Co-Präsidentin Casafair Sektion Zürich, Beraterin Casafair Schweiz, Karin Weissenberger Immobilien

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