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Es braucht eine solidarische Geste der Vermietenden: Mieterlass im Lockdown

Das Kleingewerbe ist vom Lockdown besonders betroffen. Darum setzt sich casafair dafür ein, dass eine Regelung für Geschäftsmietende in Form eines Teilerlasses der Miete gefunden wird. Die Vorlage wird in der Dezembersession des Parlaments behandelt.

Der Lockdown hat auch viele Kleinbetriebe von Selbständigen getroffen. Die Einnahmen brachen weg, doch die Mieten mussten trotzdem bezahlt werden. Auf eine Forderung des Mieterverbandes Schweiz hat sich das Parlament in der Junisession dazu durchgerungen, Gewerbetreibenden, die ihr Geschäft wegen Corona schliessen mussten, eine Mietzinsreduktion von 40 Prozent zu gewähren. Für viele kleine und mittlere Betriebe bedeutet dies eine grosse Erleichterung. «Es geht darum, dass Vermieter freiwillig auf eine oder zwei Mieten verzichten – als solidarische Geste mit kleinen Betrieben und Selbständigen, die sich nach der Decke strecken müssen», bringt es Thomas Hardegger von casafair auf den Punkt.

Drei Beispiele zeigen, wie unterschiedlich Vermietende reagiert haben.

Guten Grund zur Freude hatte die Bürogemeinschaft «Bureau Gem Genossenschaft» mit insgesamt 26 Mitgliedern in Zürich. Sie setzt sich vorwiegend aus selbständig Erwerbenden zusammen. Seit rund 30 Jahren ist sie an der Zypressenstrasse 76 eingemietet. Die Hauseigentümerin Remer Immobilien AG teilte der Bürogemeinschaft im März von sich aus mit, auf zwei Monatsmieten zu verzichten. Man wolle damit ein Zeichen der Solidarität mit dem Kleingewerbe setzen, das vom Lockdown hart getroffen wurde, sagt Remer-Geschäftsführer Lukas Keller. Auch drei andere private Mieter – alles kleine Firmen – kamen in den Genuss der grosszügigen Geste. Das lobenswerte Verhalten des Vermieters zeigt, wie es auch gehen kann, wenn Vermieter nicht nur ans Geld denken.

Gar kein Gehör hatte eine Liegenschaftsverwaltung an der Zürcher Weinbergstrasse. Die neun Köpfige Bürogemeinschaft Presseladen für Freischaffende (Journalisten, Fotografen, Autoren, Kursleitung) bat die Verwaltung um einen Teilmieterlass für die Mieten März und April. Der Presseladen ist seit 47 Jahren in der Privatliegenschaft eingemietet. Begründet hat der Presseladen seine Bitte mit dem Hinweis, dass sich die Auftragslage für sie als selbständig Erwerbende wegen des Lockdowns rapide verschlechtert habe. Acht der neun Büropartner gingen ins Homeoffice und konnten so die Büroräumlichkeiten nicht benutzen. Drei Mitglieder des Vereins, die wegen des Veranstaltungsverbots viele Aufträge (Fototermine, persönliche Interviews) nicht wahrnehmen konnten, erhielten von der SVA eine Entschädigung.Trotzdem: Die Mitglieder des Presseladens konnten das Büro nicht mehr vertragsgemäss nutzen, was laut Mieterverband als «schwerwiegender Mangel» angesehen wird. Für die Bürogemeinschaft stellt die sture Haltung des Vermieters eine bittere Enttäuschung dar.

Phoenix ist eine Schule für Komplementärtherapie in Zürich und begleitet Studierende zu einem anerkannten Abschluss. Die Schule ist eine GmbH; sie gehört vier Eigentümerinnen, die gleichzeitig Kurse geben. Zurzeit bietet die Schule die Ausbildung in der Methode Shiatsu sowie verschiedene Fortbildungen an. Weitere Methodenausbildungen sind geplant. Phoenix basiert wesentlich auf Präsenzunterricht, da es um Körpertherapie geht. Mit dem Lockdown hat es die Schule «kalt» erwischt. Innerhalb von nur vier Tagen musste der Unterricht auf Internet mit Videoschaltung umgerüstet werden, was aber den direkten, körperbasierten Praxisunterricht nicht ersetzen konnte. Man verlor während des Lockdowns im zweiten Quartal Einnahmen im hohen fünfstelligen Bereich. Wegen der Mietkosten gelangte man an die Hausbesitzerin, eine Erbengemeinschaft, und legte ihr die schwierige Situation ausführlich dar. Die Erbengemeinschaft reagierte sehr verständnisvoll und erliess grosszügig sämtliche Mietkosten für das zweite Quartal, was für die Schule eine grosse Erleichterung bedeutete. Nach dem Lockdown hat Phoenix den Betrieb wieder regulär aufgenommen, kann aber wegen dem Corona-Schutzkonzept nur die Hälfte der Plätze anbieten. Als kleines Start-up-Unternehmen forderte Phoenix zur Sicherheit den Überbrückungskredit des Bundes an, musste ihn aber noch nicht antasten.

Kommentar

Minimalanspruch für Geschäftsmieterinnen und -mieter

Der Bundesrat legte am 18. September 2020 dem Parlament auf dessen Wunsch einen Gesetzesentwurf für die Reduktion der Geschäftsmieten während des Lockdowns (März bis Juni 2020) vor. Mieter, die wegen der Verordnung des Bundesrates ihr Geschäft während den drei Monaten vollständig schliessen mussten, sollten so entschädigt werden. Kurios: der Bundesrat stellt im gleichen Gesetzesentwurf den Antrag, dieses Gesetz nicht zu beschliessen, weil er «nicht in die privatrechtlichen Verhältnisse der Miet- und Pachtparteien eingreifen und diese zu einvernehmlichen Lösungen aufrufen» möchte. Zudem habe er den Geschäften Zugang zu günstigen Krediten ermöglicht. Die Rechtskommission des Nationalrates ist inzwischen gekippt und beantragte, das Gesetz in der Wintersession abzulehnen. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Gesetz scheitert, ist somit sehr gross. Das könnte die Existenz nicht weniger kleiner Geschäfte gefährden.

Der Gesetzesentwurf verlangt, dass Mietoder Pachtzinse von Geschäften, die aufgrund der Massnahmen des Bundes gegen Covid-19 zwischen März und Juni 2020 schliessen mussten, um 40 Prozent reduziert werden. Ferner soll für Gesundheitseinrichtungen, die ihren Betrieb einschränken mussten, eine Reduktion für zwei Monate gelten. Vermieterinnen und Vermieter, die auf Grund der Mietreduktion in eine Notlage geraten – zum Beispiel weil sie die Kostenmiete anwenden – können eine Entschädigung beim Bund beantragen.

Viele Vermieterinnen und Mieter haben tatsächlich einvernehmliche, individuelle Lösungen gefunden. Jene Geschäftsmietenden, die keine gesprächsbereiten Vermietenden haben, könnten mit dem Erlass aber einen gesetzlichen Minimalanspruch auf Reduktion geltend machen, ohne dass sie das Mietverhältnis belasten.

Thomas Hardegger, Vizepräsident Casafair Schweiz



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